Die Slogans “Save the Children” und “Befreit die Kinder” klingen sinnvoll. Deshalb werden sie von rechtextremen Anhängern der Verschwörungsgruppe QAnon benutzt, um Mitglieder zu rekrutieren. Echte Kinderrechtsorganisationen distanzieren sich. Anhänger der QAnon-Bewegung, deren Ideologie unter anderem vom FBI als Terrorgefahr eingestuft wird, nutzen die Angst vor Kinderhandel und Kindesmissbrauch, um in Deutschland Anhänger zu rekrutieren. Slogans wie “Befreit die Kinder”, “Rettet die Kinder” und “Kinder schützen” sollen an Kinderrechtsorganisationen erinnern. Stattdessen führen sie in ein Netzwerk aus Verschwörungstheoretikern, Rechtsextremen und Wissenschaftsleugnern, die durch die QAnon-Ideologie zusammengehalten werden. QAnon ist eine Verschwörungstheorie aus den USA, die durch ihre weltweite Verbreitung mittlerweile zu einer kollektiven Wahnvorstellung geworden ist. Seinen Ursprung hatte QAnon im Online-Forum 4Chan, welches dafür bekannt ist, dass Nutzer sich dort gerne gegenseitig zum Narren halten und mit erfundenen “Insider-Informationen” unterhalten. Einer dieser Nutzer, bekannt als “Q”, gab vor, ein hochrangiger Mitarbeiter im Weißen Haus zu sein. Seine Nachrichten, die anfangs wohl nur als Witz gemeint waren, begannen sich ab 2017 auch außerhalb von 4Chan zu verbreiten, wo sie von immer mehr Menschen ernst genommen wurden.
Anhänger von QAnon glauben daran, dass unsere Welt von einer Geheimgesellschaft aus satanistischen Pädophilen regiert wird, die das Blut von Neugeborenen trinken, um sich selbst jung zu halten. Sie glauben, dass unter anderem die US-Stars Tom Hanks und Oprah Winfrey einflussreiche Mitglieder dieser Gruppe sind, genau wie Hillary Clinton, Angela Merkel und die meisten hochrangigen Politiker und Geschäftsleute der Welt. Die Ausnahme: Donald Trump, der von QAnon-Followern wie ein Messias verehrt wird. Weil die Trump-Unterstützung bei QAnon oft religiöse Züge annimmt, wird QAnon auch als Sekte beschrieben. Die Glaubenssätze von QAnon entwickeln sich ständig weiter. Im Kern bleibt die Ideologie aber immer gleich: Trump-unterstützende Propaganda. Auch andere rechts-nationalistische Politiker wie Vladimir Putin werden von QAnon geschätzt, während alle Parteien und Vertreter der klassischen politischen Mitte oder der Linken als Feinde angesehen werden. QAnon hat außerdem zahlreiche andere Anknüpfungspunkte in Verschwörungsideologie – darunter antisemitische Hetze, Covid-19-Leugnung und eine irrationale Angst vor angeblichen Chemtrails und 5G-Strahlen.
QAnon-Gläubige blockieren den Kampf gegen Kindesmissbrauch. Die neueste Taktik der QAnon-Gläubigen: Die Vereinnahmung eines Hashtags, der auf Kinderrechte aufmerksam machen soll. Unter #SaveTheChildren finden sich auf Instagram und Facebook seit einigen Monaten vor allem Verschwörungserzählungen über Kinderhandel und Kindesmissbrauch. Die Posts sehen auf den ersten Blick aus, als würden sie auf ein real existierendes Problem aufmerksam machen, tatsächlich verbreiten sie aber erfundene QAnon-Verschwörungstheorien und falsche Zahlen. Das schadet vor allem denen, die sich wirklich für Kinderrechte einsetzen: Das Polaris Project, eine gemeinnützige Organisation, die gegen Menschenhandel kämpft, musste im Sommer ein Statement herausgeben, weil ihre Hotline von QAnon-Gläubigen blockiert wurde: “Ein Bombardement von Verschwörungsberichten durch Menschen, die kein direktes Wissen über Menschenhandel haben, kann Dienste, die für Opfer gedacht sind, überlasten”, heißt es in der Erklärung. Auch die Organisation “Save the Children”, deren Name durch den Hashtag gekapert wurde, musste sich von den Verschwörungsberichten distanzieren.
via br: QAnon-Extremisten unterwandern den Kampf gegen Kindesmissbrauch