An Deutschlands obersten Gerichten verdienen einige Richter dank ihrer Sonderstellung ein gutes zweites Gehalt – mit lukrativen Nebenjobs. Einzelne Top-Juristen verdoppeln so ihre Einkünfte. Kritiker fordern mehr Transparenz über diese Zusatzverdienste. Hans-Josef Thesling macht aus seiner politischen Neigung kein Geheimnis. Der seit Ende März amtierende Präsident des Bundesfinanzhofs (BFH) ist Mitglied der CDU Heinsberg. Seiner Karriere hat das sicher nicht geschadet: Vor wenigen Jahren war der damalige Präsident des Düsseldorfer Finanzgerichts als hochrangiger Beamter in das von seiner Partei geführte nordrhein-westfälische Justizministerium gewechselt. Seine Berufung an die Spitze des obersten deutschen Gerichts für Steuersachen gefiel nicht jedem: Ihm fehle die Erfahrung, kritisierten andere Bundesrichter. Mancher fürchtet auch um Theslings politische Distanz. An Abstand, wenn auch nicht politischer Art, könnte es auch anderen Bundesrichtern fehlen. Da sie in Streitfällen in letzter Instanz entscheiden, ist ihr Einfluss kaum zu überschätzen. Die Sonderstellung nutzen viele von ihnen auch finanziell. Sie haben Lehraufträge an Universitäten, schreiben wissenschaftliche Aufsätze und sie halten bezahlte Vorträge in exklusiven Seminaren, vermarkten ihre Urteile oder entscheiden in privaten Schiedsgerichten. (…) Laut einer Abfrage von WELT bei den Bundesgerichten und dem Bundesjustizministerium verdienten Richter am Münchner Bundesfinanzhof am meisten hinzu. Da ihre Entscheidungen finanziell oft besonders relevant sind, sind sie als Gäste bei Tagungen besonders gefragt. Mit anzeigenpflichtigen Nebentätigkeiten wie Aufsätzen, Kommentierungen und Vorträgen kassierten sie im vergangenen Jahr durchschnittlich 26.788 Euro. Der geschäftstüchtigste Richter kassierte knapp 108.000 Euro nebenbei – das ist etwa so viel wie sein reguläres Gehalt. 2019 lag der durchschnittliche Nebenverdienst bei 31.800 Euro, das höchste Zweitgehalt waren stolze 157.800 Euro. „Ein durchschnittlicher Zusatzverdienst von Richtern am Bundesfinanzhof in Höhe von 31.000 Euro ist beachtlich“, sagt FDP-Politiker Jürgen Martens. Wenn ein einzelner Richter mehr als 150.000 Euro nebenbei erlöse, sei das sicher bedenklich. „Bei so viel Geld stellt sich die Frage nach dem dafür notwendigen Zeitaufwand und wie er oder sie das mit der Tätigkeit als Bundesrichter unter einen Hut bekommt“, sagt Martens. Derartige Summen müsse eigentlich eine Dienstaufsicht prüfen und dann individuell entscheiden. „Aber mal abgesehen von den juristischen Kategorien gibt es da doch auch so etwas wie Schamgefühl, die Frage von Maß und Mitte. Das ist auch eine Frage des Anstands!“

via welt: Nebeneinkünfte übersteigen im Extremfall 100.000 Euro

BFinanzhof Muenchen-01.jpg
Von <a href=”//commons.wikimedia.org/wiki/User:AHert” title=”User:AHert”>AHert</a> – <span class=”int-own-work” lang=”de”>Eigenes Werk</span>, CC BY-SA 3.0, Link – symbolbild

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