Hat Hessens Polizei ein Problem mit Rechtsextremisten in den eigenen Reihen? Als Antwort darauf präsentiert Innenminister Beuth eine Studie. Doch die Ergebnisse sind nicht so eindeutig, wie er glaubt. Die Polizei ist kein Spiegelbild der Gesellschaft“, stellt ihr oberster Dienstherr, der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) fest. Und das sagt er nicht ohne Stolz. Zum Beispiel sind seine Beamten auf die Verfassung vereidigt. In ihrer Ausbildung werden sie darauf vorbereitet, dass sie das staatliche Gewaltmonopol ausüben. Mancher Bürger weiß nicht einmal genau, was das ist. Darum kann man sich vorstellen, dass Polizisten die demokratischen Werte stärker verinnerlicht haben als die Bevölkerung insgesamt. Doch Beuth sollte die Ergebnisse einer Umfrage, die er am Montag vorgestellt hat, nicht übermäßig strapazieren. Als zuverlässiger Beleg für die These, dass der Rechtsextremismus in der hessischen Polizei nur in Einzelfälle existiere, taugen die Zahlen sicher nicht. Mängel der Umfrage sind unübersehbar Denn die methodischen Mängel der Umfrage sind unübersehbar. Nur ein Viertel der Polizisten hat geantwortet. Im Hinblick auf Faktoren wie Geschlecht und Einsatzfeld seien die tatsächlichen Teilnehmer der Umfrage repräsentativ für die ganze Polizei, sagt der vom Innenministerium engagierte Fachmann. Aber er behauptet nicht, dass sie repräsentativ für den politischen Standpunkt der Polizeiangehörigen wären. Eine solche These verbietet sich auch. Denn man kann durchaus annehmen, dass sich mancher Extremist im Polizeidienst gar nicht beteiligt hat. Plausibel wäre es auch, wenn er sich in der politischen Mitte verorten würde, anstatt sich zu einer radikalen Position zu bekennen. Hochentwickelte Instrumentarien Seriöse Meinungsforschungsinstitute verfügen über hochentwickelte Instrumentarien, um solche Verfälschungen einzupreisen und zu gewichten. Der Innenminister aber hat nicht mehr als Rohdaten einer Umfrage, an der man sich beteiligen konnte oder auch nicht.

via faz: Umfrage unter Polizisten : Mit Vorsicht zu genießen

siehe auch: Hessens Innenminister sieht extremistische Polizisten als “Einzelfälle”. Das Land Hessen hat seine Polizisten zu extremistischen und rassistischen Einstellungen befragt. Das Ergebnis erleichtert den Innenminister Beuth, doch Experten warnen davor zu glauben, alles sei gut. Die Befragung fand online statt, die Anonymität war angeblich gesichert. 4277 Polizisten und Polizistinnen sowie Angestellte der Polizeiverwaltung haben sich an einer großangelegten Studie über politische Einstellungen und Befindlichkeiten der hessischen Polizei beteiligt. Das sei etwa ein Viertel der insgesamt 17.000 Beamten und Tarifbeschäftigten der Polizei in Hessen. Erste Ergebnisse der Umfrage haben die Verantwortlichen nun vorgestellt – mit erkennbarer Erleichterung. „Extreme oder sogar extremistische politische Positionen sind der ganz großen Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen fremd“, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU). (…) Laut Beuth werden die Ergebnisse der Befragung in den kommenden Monaten analysiert und ausgewertet. Die Studie ermögliche „nie dagewesene Einblicke in den Polizeiberuf“, so der Minister. Tatsächlich gibt es in Deutschland bislang nur wenige, in der Regel veraltete Untersuchungen, die sich systematisch und umfassend mit Extremismus in der Polizei beschäftigen. Ob sich allerdings mit dem Mittel einer freiwilligen Umfrage auch versteckte extremistische Einstellungen der Beamten ans Licht bringen lassen können, ist zumindest fraglich. Da die Polizisten im Falle ihrer Enttarnung, wie bei der Frankfurter Chat-Gruppe, mit disziplinarischen Maßnahmen und Entlassung rechnen müssen, dürfte die Bereitschaft gering sein, sich selbst in einem anonymisierten Fragebogen offen extremistisch zu äußern.
Experten wollen sich Ergebnisse genauer ansehen. Zudem gehen Experten allgemein von einer relativ hohen Bereitschaft unter Polizeibeamten aus, ihre Kollegen zu decken. Im Fall des 1. Frankfurter Reviers ist es den Ermittlern des Landeskriminalamts nach Informationen aus Polizeikreisen bisher nicht einmal gelungen, zweifelsfrei festzustellen, welcher Beamte die Adresse der Rechtsanwältin am Polizeicomputer abgerufen hat. Der Marburger Sozialwissenschaftler Ulrich Wagner, der im wissenschaftlichen Beirat der hessischen Studie mitarbeitet, hält die Ergebnisse der Befragung zwar für weitgehend repräsentativ für die hessische Polizei. Allerdings erlaubten die Ergebnisse auch nicht, „sich zurückzulehnen und zu glauben, alles ist gut“. Die Experten wollen sich die Ergebnisse nun genauer ansehen, Teilergebnisse miteinander abgleichen und ausführlichere „qualitative Interviews“ führen, um auch möglicherweise versteckten Ansichten der Beamten auf die Spur zu kommen; Mehr als jeder vierte Polizist in Hessen fürchtet Islamisierung Deutschlands. Laut einer Befragung ordnen sich zwei Drittel der Polizisten in Hessen der politischen Mitte zu. Viele belastet der Vorwurf, rassistisch zu sein. (…) Knapp 19 Prozent sehen sich als „mäßig rechts“, 13 Prozent als „mäßig links”. Als „rechts“ bezeichnen sich 1,6 Prozent der hessischen Polizisten und weitere 0,1 Prozent als „ausgeprägt rechts“. „Links“ sehen sich zwei Prozent, 0,2 Prozent „ausgeprägt links“. Mit 97 Prozent der Befragten halten die Beamten die parlamentarische Demokratie „eher“ oder „voll und ganz“ für die beste Staatsform. Beuth erklärte, die Ergebnisse der Studie bestätigten ihn in der Auffassung, dass die beiden rechten Verdachtsfälle in der hessischen Polizei Einzelfälle seien. Befragt nach politischen Aussagen stimmte mit 27,6 Prozent mehr als jeder vierte Beamte der Aussage zu, dass die „Gefahr, dass Deutschland islamisches Land wird“, bestehe. Demgegenüber stimmten 66,1 Prozent der Aussage zu, Einwanderer machten das Land bunter oder vielfältiger.

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