Seit der Aufregung um die “Umweltsau”-Satire rumort es im WDR. Nun gab es eine Redaktionsversammlung. Intendant Tom Buhrow verteidigte vor den Mitarbeitern sein Vorgehen. Die erste Frage an Tom Buhrow lautet: “Wofür haben Sie sich eigentlich entschuldigt?” Doch Buhrow antwortet nicht. Er begrüßt erst einmal die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die am Dienstagnachmittag in den Kleinen Sendesaal im WDR-Funkhaus in Köln zu einer Redaktionsversammlung gekommen sind. Ungefähr 700 Leute sollen nach Angaben des Senders gekommen sein, der Saal ist völlig überfüllt. Nicht alle haben drinnen Platz gefunden. Aber alle hätten offenbar gern Antworten auf einige Fragen, die sich seit ein paar Tagen stellen – unter anderem eben auch die, was der Intendant des zweitgrößten Fernseh- und Hörfunksenders in Europa eigentlich genau meinte, als er Ende Dezember vom Krankenbett seines Vaters aus live in einer Sondersendung bei WDR 2 anrief und sagte: “Ich entschuldige mich ohne Wenn und Aber dafür.” Es ging um das Video des WDR-Kinderchors, der eine Motorrad und SUV fahrende Oma als “Umweltsau” besang. Jochen Rausch, Chef unter anderem des Hörfunksenders WDR 2, hat das Video, nachdem ein Proteststurm deswegen entstanden war, am 27. Dezember 2019 von der Facebook-Seite des Senders löschen lassen, angeblich ohne vorherige Rücksprache mit Buhrow. Das ist der Sachverhalt (oder jedenfalls die Darstellung der Beteiligten über das, was passiert ist), und den kennen alle am Dienstag Anwesenden. Was sie nicht wissen: Hat Buhrow sich lediglich dafür entschuldigt, dass Zuschauende sich durch die Formulierung beleidigt gefühlt haben – und vielleicht einfach vergessen zu erwähnen, dass seine Redakteure so etwas aber dennoch dürfen? Oder hat er sich vollumfänglich für das entschuldigt, was seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angerichtet haben? Das wäre schon ein Unterschied, denn im zweiten Fall hätte er damit auch gesagt: So etwas machen wir garantiert nicht noch einmal, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Und das würde für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WDR bedeuten: Von Satire-Beiträgen, die sich kritisch mit älteren Menschen befassen, lassen sie in Zukunft besser die Finger. Ist der Intendant seinen Mitarbeitern also in den Rücken gefallen? Tom Buhrow weicht der Frage an diesem Nachmittag immer wieder aus. (…)

Viele der Anwesenden sind mit der Antwort offenkundig nicht zufrieden. Als der Einwand “Tschuldigung, Sie haben die Frage nicht beantwortet” kommt, gibt es Applaus. Aber Buhrow will weiter nicht antworten. Dass auch er selbst einen Fehler gemacht haben könnte, sieht Buhrow offenbar nicht. Im Interview mit dem Spiegel hat er vor einigen Tagen den trotzigen Satz gesagt: “Man wird doch mal Entschuldigung sagen dürfen, ohne dass einem gleich Zensur vorgeworfen wird.” Das klang genervt, aber nicht souverän. Am Dienstag ist er ruhig. Dafür liegen die Nerven bei anderen blank. Buhrow hat die Geschäftsleitung des Senders mitgebracht, unter anderem Jochen Rausch, den stellvertretenden Hörfunkdirektor des WDR, der als Programmchef eben die Entscheidung getroffen hat, das “Umweltsau”-Video zu löschen. Das soll er jetzt erklären. Aber viele Anwesende wollen das anscheinend gar nicht hören. Eine kritische Zwischenfrage weist Rausch schroff zurück. Buhrow muss um Verständnis bitten: “Das war und ist für ihn (Rausch, Anm. d. Red.) jetzt auch nicht einfach.” Das Publikum aus WDR-Mitarbeitern reagiert mit Gelächter.

via zeit: “Wir werden nicht einer Meinung sein”

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