Ihre Gesichter sind regungslos. Ernst und mit geradem Blick schauen die Fotografierten in die Kamera. Nur die Köche in der letzten Reihe wirken fröhlich. Im Zentrum der Aufnahme aus dem Jahr 1933 sitzen zwei SA-Uniformierte und ein Polizist. Ein weiteres Braunhemd ist am Rand der Fotografie zu sehen. Sie entstand im Frühjahr 1933 im Bautzener Kupferhammer. Auf den ersten Blick ein Gruppenbild, wie zu dieser Zeit viele entstehen. Doch der Schein trügt. Die fröhliche Inszenierung verschleiert einen Alltag voller Terror und Gewalt. In der stillgelegten Kupferfabrik an der Spree in Bautzen entsteht im Frühjahr 1933 eines der frühen Konzentrationslager in Sachsen. Die Geschichte des KZ ist so gut wie unerforscht, sagt Jan-Henrik Peters. Er ist Mitarbeiter der Gedenkstätte Bautzen. Für die 2018 eröffnete Dauerausstellung „Haft unterm Hakenkreuz“ hat er zum Thema recherchiert. Denn ein angemessenes Erinnern an die Opfer des Lagers gibt es bis heute nicht. Überfall auf Bautzener Gewerkschaftshaus Die Verfolgung politischer Gegner des Nationalsozialismus setzt in Sachsen unmittelbar mit der Reichstagswahl am 5. März 1933 ein. Bereits zwei Tage später, am 7. März, wird das Gewerkschaftshaus in der heutigen Grollmuß-Straße durch die lokalen Verbände der SA und SS gestürmt – und am Tag darauf endgültig besetzt. Mit dem Überfall beginnt die Verhaftung von Gewerkschaftern, Kommunisten und Sozialdemokraten, von Sorben und Lehren, von politisch unliebsamen Mitarbeitern der Stadtverwaltung und des Arbeitsamts. 94 Personen werden bis Ende April im Gebäude interniert. In dieser Zeit sucht man in der Stadt nach einem Lager. Aus der Gewerkschaftszentrale wird das “Braune Haus”. In Sachsen funktionieren die Nazis in dieser Zeit leerstehende Fabriken, Turnhallen Burgen und Schlösser zu Lagern um. In der historischen Forschung werden sie als frühe oder “wilde” KZs bezeichnet. Grundlage für die Verfolgung ist die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“. Betrieben werden die Lager von der SA. Die sogenannten Braunhemden dienen dem neuen Regime als Hilfspolizei.
741 Häftling im Kupferhammer interniert Das KZ im Kupferhammer besteht vom 4. April bis zum 25. Juni 1933, in dieser Zeit waren insgesamt 741 Häftlinge dort interniert – mit dem Wissen der Bautzener, wie die Historikerin Carina Baganz im Buch „Der Ort des Terrors“ ausführt. Lagerführer Schmoller berichtet am 27. Juni 1933 in einem Schreiben an den Stadtrat. Überlieferungen der Gefangenen aus diesen drei Monaten erzählen von täglichen Misshandlungen durch das Lagerpersonal, sagt Jan-Henrik Peters. Er hat viele dieser Augenzeugenberichte gelesen. Sie schildern Folter, Prügel, Hunger, Strafdienste, stundenlanges Stehen im Hof bis zur Besinnungslosigkeit und Gummiknüppel-Hiebe, bis das Blut spritzt. In der öffentlichen Erinnerung spielt all das in Bautzen keine Rolle.

via sächsische: Bautzen: Kein Gedenken an Lager-Opfer

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