Die Erkennungszeichen der neuen Rechten sind nicht mehr nur Glatze und Springerstiefel, auch Polohemden, Sneaker und Dackel gehören zur klassisch-faschistischen Ausstattung. Über das Spiel mit modischer Verwechslung und Unsichtbarkeit. Höcke in der Hocke, entspannt an einen Baum gelehnt oder lässig mit den Händen in den Hosentaschen. Er trägt ein dunkelblaues Polo oder einen grauen Pulli, dazu eine blaue Jeans. Auf den ersten Blick peinliche Bilder, die er auf seinem Instagram-Kanal gepostet hat. Dann schaut man genauer hin und sieht links auf Höhe der Brust ein kleines Logo. Es ist ein Phönix und dahinter erkennt man ein Schutzschild. Es handelt sich um das Logo von Peripetie, einer dezidiert rechtsextreme Modemarke. In seiner ursprünglichen Bedeutung meint Peripetie Umschwung, Wendepunkt, nicht nur in einem Drama. Entweder Fascho oder Antifa, dachte sich eine Person aus dem Bekanntenkreis der Autorin, als sie ihren jetzigen Freund zum ersten Mal sah. Er trug Glatze und Bart, war schwarz gekleidet und - wie sich im Gespräch herausstellte - kein Nazi. Früher erkannte man Rechtsextreme an ihrem geschorenen Schädel, den Springerstiefeln, der Bomberjacke. Heute verschwimmt die eindeutige Erkennbarkeit immer mehr. Außerdem wurde in der rechten Szene in den vergangenen Jahren ein anderer, unauffälliger Stil prominenter. Das Verzwickte an ihm: Der Großteil der Bevölkerung trägt ihn auch. Normcore nennt er sich, ein Fashion-Trend, der durch Unauffälligkeit glänzt. Man denke etwa an Jeans, T-Shirt und Sneakers. Er gehört aktuell zur dominantesten Strömung innerhalb der Fascho-Fashion-Szene und wird vor allem von der Neuen Rechten und demnach jüngeren Menschen getragen. Allerdings meist mit einem kleinen Twist. Mode ist zu einem Instrument der Normalisierungsprozesse geworden Normcore wird entweder durch das Vereinnahmen von Marken reproduziert oder durch das Erschaffen eigener Labels wie Peripetie: Die Marke mit dem Phönix, für die Höcke schon seit 2020 den Influencer gibt. Peripetie bezeichnet sich selbst als „casual“ und ist das auf den ersten Blick auch. Es gibt Polos, Pullis und Shirts in monochromen Tönen wie marineblau, anthrazit oder schwarz. Nur das Logo ist eben anders. Und die Bedeutung dahinter. Das Wirtschaftswunder Deutschland, das wie der Flammenvogel aus der Asche aufersteht, darauf wird angespielt. Der Phönix und das Schutzschild als Symbole sollen Werte repräsentieren und schützen, schreibt Peripetie auf seiner Website; schützen vor all dem, was die Rechten fürchten. Für Damen ist das Logo natürlich in Pink gehalten. Das einzig andere Geschlecht soll schließlich auch etwas davon haben. Unauffällig ist das generelle Erscheinungsbild, aber auch die Symbole, die die Rechten nutzen. So bleiben sie untereinander erkennbar, gehen aber in der großen Masse unter. Die Altherren-Hunderasse des Dackels ist ein Beispiel dafür. Aber wie kommt's, dass ein solch liebenswerter Vierbeiner von den Rechten verwendet wird? Grund für die Popularität des Jagdhunds in rechten Kreisen ist Alexander Gauland. Als die AfD 2017 in den Bundestag einzog, kündigte er an, Angela Merkel zu jagen. Und dabei trug er eine Krawatte mit - na, erraten? Richtig, Dackeln. Welcher Zweck mit dieser Subtilität verfolgt wird? Die ästhetische Distanzierung von gewaltbereiten, rechtsextremen Gruppen - zumindest nach außen hin. In der öffentlichen Wahrnehmung hat das tatsächlich auch gefruchtet. „Die Neue Rechte wird als gar nicht so arg gefährlich wahrgenommen. Deren Mindset hat sich aber nicht geändert“, sagt Sarah Held. Elke Gaugele und sie forschen an der Akademie der Bildenden Künste in Wien zur Verwendung von Mode durch rechtsextreme Gruppen. Die Gewaltbereitschaft ist, wie erwartet, nach wie vor hoch. Mode ist also umso mehr zu einem Instrument geworden, um „Normalisierungs-, Entdämonisierungs- und Gewaltbefreiungsprozesse zu befördern“, so Held. Einerseits wird damit zur Mitte der Gesellschaft gedrängt, andererseits wird Gruppenzugehörigkeit geschaffen; nach innen und nach außen hin, so die beiden Forscherinnen.
via sz: Rechtsextremismus und Mode : Moderne Fascho-Fashion