In Koblenz wurden die Wahlplakate eines Sinto mit Gewaltfantasien beschmiert. In Flensburg zerstörten Unbekannte ein Mahnmal. Marlon Reinhardt wurden die Augen aus dem Wahlplakat ausgekratzt Da möchte jemand mit allen Mitteln verhindern, dass jemand wie ich in die Politik geht“, sagt Marlon Reinhardt. Vor ein paar Tagen sei er morgens mit seinem Sohn auf dem Weg zum Sport gewesen und habe ihm eins seiner Wahlplakate zeigen wollen, berichtet der Koblenzer Unternehmer und Boxer. Am 9. Juni finden in Rheinland-Pfalz Kommunalwahlen statt, Reinhardt will für die Freien Wähler in den Stadtrat. „Warum sind deine Augen ausgestochen“, habe sein Sohn ihn gefragt. Da erst seien ihm der Vandalismus und die antiziganistische Schmiererei aufgefallen. Alle Sinti und Roma sollten „ab in die Gaskammer“, hatte jemand neben Reinhardts Gesicht geschmiert, und dabei das rassistische Z-Wort benutzt. Direkt Bezug nimmt die Schmiererei auch auf Reinhardts Vater, den Musiker Django Heinrich Reinhardt. Nur wenige Tage später wurden Plakate des Freie-Wähler-Spitzenkandidaten Stephan Wefelscheid ebenfalls beschmiert, nachdem dieser sich mit Reinhardt öffentlich solidarisiert und Strafanzeige gestellt hatte. Auch in diesem Fall wurden dem Porträtfoto die Augen herausgeschnitten und das Z-Wort als Beleidigung verwendet. Die Polizei ermittelt unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung. (…) Die rassistischen Parolen auf Reinhardts und Wefelscheids Wahlplakaten sind nur zwei von mehreren antiziganistischen Übergriffen innerhalb kurzer Zeit in Deutschland. In der Nacht zu Mittwoch war in Flensburg eine Metallstele aus dem Pflaster gerissen worden, die dort als Mahnmal an die von den Nationalsozialisten deportierten Sinti und Roma erinnert. Und Anfang Mai war zum wiederholten Mal in Neumünster Müll neben dem dortigen Mahnmal für ermordete Sinti und Roma abgeladen worden. „In Anbetracht dieser Angriffe auf die Erinnerung und somit auf alle Sinti und Roma frage ich mich, wo der gesellschaftliche Aufschrei bleibt“, kritisierte der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler, am Freitag. In diesem Jahr am 2. August jähre sich die Ermordung der letzten Sinti und Roma im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zum 80. Mal. Der Bundestag habe im Dezember gefordert, den Jahrestag würdig zu begehen und die Erinnerung insgesamt zu stärken
via taz: Antiziganistische Gewalt :„Wo bleibt der Aufschrei?“