Seit Jahren umgarnen russische Ideologen die europäische Rechte. Mails und Unterlagen geben nun einen Einblick, wie intensiv die Zusammenarbeit sein könnte – und welche Rolle Politiker der AfD spielen. Konstantin Malofejew war schon vor dem Krieg niemand, mit dem man gerne gesehen werden wollte. Dem russischen Geschäftsmann, milliardenschwer durch seine Investment-Firma Marshall Capital, ist zuzutrauen, dass er den russischen Angriff auf die Ukraine ziemlich gut findet. Denn als Oligarch im klassischen Sinne ist der 47-Jährige nicht nur reich, sondern auch mit einer politischen Agenda unterwegs. Seit Jahren propagiert er die Wiedereinführung des Zarentums, sieht Russland als Rechtsnachfolger des russischen Imperiums – und bezeichnete die Ukraine bereits im Kontext der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim als “künstliches Gebilde, geschaffen auf den Ruinen des russischen Imperiums”. Schon 2014 sanktionierten die USA und die Europäische Union Malofejew wegen angeblicher Unterstützung pro-russischer Separatisten in der Ukraine. Alles in allem jemand, dem man nicht zwingend begegnen möchte – was aber offenbar nicht alle so sehen, die ein Date in Moskau mit dem echten Oligarchen nicht scheuen. “Im Nachgang zu unserem Treffen letzte Woche möchten wir zunächst Herrn Malofejew und seinen Kollegen dafür danken, dass sie sich die Zeit für unser Gespräch genommen haben”, heißt es auf Briefpapier des Bundestages und auf Englisch in einem Schreiben vom 20. Februar 2019. Absender ist demnach Frank Pasemann, Ex-Bundestagsabgeordneter der AfD. Der Ton ist schwer begeistert: “Und noch einmal können wir uns nur für das wunderbare und kameradschaftliche Abendessen bedanken. Wir haben es sehr genossen!” Pasemann saß von 2017 bis 2021 im Bundestag, war stellvertretender Schatzmeister der Bundes-AfD und wurde im November 2020 aus der Partei ausgeschlossen, gegen Protest des damals noch existierenden rechtsextremen Flügels. In einem Telegram-Kanal wünschten Tausende, Putin solle auch in Deutschland “aufräumen” Der Brief stammt aus einer Reihe Dokumente, die das “Dossier Center” des Kremlkritikers Michail Chodorkowksi mit einer Gruppe internationaler Journalistinnen und Journalisten – in Deutschland von der Süddeutschen Zeitung, dem NDR und dem WDR – geteilt hat. Chodorkowskis in London ansässige Organisation dokumentiert korrupte und kriminelle Machenschaften im russischen Machtzentrum, um so künftig Gerichten Ermittlungen zu ermöglichen. In Putins Russland ist das nicht zu erwarten. “Wir haben es heute mit einer totalitären Gesellschaft zu tun”, sagte Chodorkowski, der zehn Jahre im Gefängnis saß, vor Kurzem in einem Interview der SZ: “Es gibt einen Diktator. Es gibt die Handlanger des Diktators. Alle anderen sind bloß Instrumente.” (…) Die Dokumente aus dem Fundus des Londoner Dossier Center gewähren einen tiefen Einblick, wie engagiert russische Akteure mit Vertretern der europäischen Rechtsaußenparteien seit Jahren gemeinsame Sache machen, um russische Forderungen und Interessen in europäische Parlamente zu tragen und am besten EU-weit zu implementieren. So organisierte Gianluca Savoini, einst rechte Hand des Lega-Chefs und früheren italienischen Innenministers Matteo Salvini, im Januar 2016 am Rande des ersten Treffens der neuen Rechtsaußenfraktion “Europa der Nationen und der Freiheit” im EU-Parlament offenbar interessante Hinterzimmer-Gespräche. Davon zeugt eine Mail unter seinem Namen an den russischen Nationalisten Alexander Dugin. Weil es gerade schlechte Presse gebe wegen möglicher illegaler Wahlkampfhilfen aus Russland für die Lega, sei es klüger, bei der Veranstaltung in Mailand keine offiziellen russischen Gäste aufs Podium zu schicken. “Wir müssen uns sehr vorsichtig bewegen”, heißt es in der Mail. Man solle Marine Le Pen, die sich aktuell um das Präsidentenamt in Frankreich bewirbt, lieber im Hotel treffen, Dugin sich mit Salvini zum Lunch verabreden.
via sz: So eng sind die Russland-Kontakte deutscher Rechter