Werteunion will Partei gründen: Jagd auf Stimmen der AfD?

Aus dem CDU-nahen Verein Werteunion soll eine Partei werden. Könnte sie der AfD Stimmen abgraben? Die Mitgliedszahlen stiegen zuletzt stark. Berlin – Der CDU-nahe Verein Werteunion will eine eigene Partei gründen. Das beschloss die Bundesversammlung am Samstag (20. Januar) in Erfurt laut einer Mitteilung. Hans-Georg Maaßen (CDU) sei das Mandat erteilt worden, „die Gründung einer konservativ-liberalen Partei unter diesem Namen auf den Weg zu bringen“, hieß es in der Erklärung weiter. Ex-Verfassungsrechtspräsident Maaßen selbst steckt seit langem im politischen Abseits. Werteunion-Parteigründung: Teilnahme an Landtagswahlen im September geplant Die Parteigründung werde so zeitnah erfolgen, dass eine Teilnahme an den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern im September gewährleistet sein wird, so die Erklärung. Ihre Mitgliederzahl beziffert die Werteunion auf ihrer Homepage mit 4.000. Angaben des Vize-Bundesvorsitzenden Hans Pistner gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zufolge gehe die Anzahl derzeit aber in Richtung 6.000. (…) In seinem Selbstverständnis ist der eingetragene Verein eine „konservative Basisbewegung innerhalb der CDU/CSU“. In der Union hingegen ist die Werteunion umstritten. Gegen ihren Vorsitzenden Hans-Georg Maaßen läuft zudem ein Parteiausschlussverfahren. Der Ex-Verfassungsschutzchef bediene sich einer „Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen“, so der Vorwurf der CDU-Spitze

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siehe auch: Ohne Brandmauer zur AfD: Die konservative Werteunion will sich als Partei neu gründen Die Abnabelung von CDU und CSU ist vollzogen. Unter ihrem Vorsitzenden Hans-Georg Maassen soll aus dem Verein eine Partei hervorgehen. Demoskopen sehen ein Potenzial von bis zu 15 Prozent. (…) In ihren Anfangsjahren unter dem Gründungsvorsitzenden Alexander Mitsch war die Werteunion ein inoffizieller Freundes- und Unterstützerkreis für Merkels ewigen Widersacher Friedrich Merz gewesen. Neben der Jungen Union trug die Werteunion entscheidend dazu bei, dass die CDU Anfang 2022 der Kür ihres neuen Vorsitzenden eine Mitgliederbefragung vorschaltete. Aus ihr ging der Sauerländer als klarer Favorit der Basis hervor. Bei einer wie bis anhin üblichen Delegiertenwahl hätte Merz vermutlich abermals den Kürzeren gezogen. Merz dankte es der Werteunion mit warmen Worten, liess sich mit ihren Funktionären ablichten und gemeindete den Verein, der freilich nie eine offizielle Vereinigung der CDU war, faktisch ein. Mittlerweile ist das Tischtuch zerschnitten. Für den Fall, dass die Werteunion ein Verein bleibe, stellte Merz jüngst einen Unvereinbarkeitsbeschluss in Aussicht. Die Werteunion wäre damit in den selben Rang eingestuft wie die rechte AfD und die Linkspartei. Das Parteiausschlussverfahren gegen Maassen persönlich scheiterte im vergangenen Jahr, doch der Bundesvorstand der CDU will vor die nächsthöhere Instanz ziehen, das thüringische Landesparteigericht. Maassen, heisst es, füge der CDU durch seine fortgesetzten Äusserungen, die besser zur AfD als zur Union passten, schweren Schaden zu. (…) Und was wird aus Bundesschatzmeister Udo Kellmann, der zugleich Schatzmeister der Kleinpartei «Bündnis Deutschland» ist? Was geschieht mit den stellvertretenden Vorsitzenden Kay-Achim Schönbach, einem Vizeadmiral a.D., und Simone Baum, der nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden? Baum hatte an dem zu deutschlandweiter Bekanntheit aufgestiegenen Potsdamer Treffen von Geschäftsleuten und Politikern mit dem rechtsradikalen Aktivisten Martin Sellner teilgenommen. Der Bundesvorstand der Werteunion gab daraufhin eine Ehrenerklärung für Baum ab und kritisierte die «ganz offensichtliche Schmutz- und Lügenkampagne» in den Medien. Vor allem aber: Wird sich der Buchautor («Die bürgerliche Revolution», «Freiheit oder Untergang») und libertäre Aktivist Markus Krall einhegen lassen? Nach einem öffentlich ausgetragenen Streit mit Maassen hatte der ehemalige Geschäftsführer des Degussa-Goldhandels zu Protokoll gegeben, er wolle bei der Werteunion «einflussreich mitwirken, aber eben nicht als Mitglied des Vorstandes». Konkret will er das Wirtschaftsprogramm federführend ausarbeiten. Krall sähe die Regierung am liebsten auf «drei Ministerien plus Kanzleramt» reduziert, er fordert ein «Ausjäten der ganzen Bürokratie und zwar gnadenlos». Alle direkten Steuern seien abzuschaffen, nur die Konsumsteuer solle verbleiben. Ausserdem sollten Marktwirtschaft und Goldstandard in den Verfassungsrang erhoben werden. Doch wären mit Maassen solche, wie Krall formuliert, «radikal marktwirtschaftliche Reformen» zu machen? Der einstige Geheimdienstchef will mit der Werteunion laut eigener Aussage «freiheitliche, wertegebundene, teilweise konservative Positionen» vertreten; Geldgebertreffen der Werteunion am Werbellinsee erhält wenig Resonanz. Bei einem Treffen mit Unternehmern und potenziellen Geldgebern am Werbellinsee wirbt Hans-Georg Maaßen für die Werteunion. Die soll sich am Sonntag von der CDU/CSU als eigenständige Partei abspalten. Die Resonanz ist überschaubar. Bei eisiger Kälte fahren vor allem schwarze Limousinen und SUVs auf den Parkplatz des Hotels am idyllisch gelegenen Werbellinsee (Barnim). Mitarbeiter des Hotels schieben noch eilig den Schnee auf den Gehwegen zur Seite, denn es steht prominenter Besuch an. (…) Geht es nach dem Willen Maaßens, werden die Mitglieder der Werteunion an diesem Sonntag in Erfurt beschließen, sich als eigene Partei von der Union abzuspalten. Um das Geld für die Parteigründung und die anliegenden Wahlkämpfe für die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen zusammenzubekommen, wurden eine ganze Reihe Unternehmer und weitere mögliche Mitstreiter eingeladen. Doch es kamen nur fünf Interessierte. Zwei rbb24-Recherche Reporter wurden Ohrenzeugen einer Veranstaltung, die ahnen lässt, was Deutschland von Maaßens Werteunion zu erwarten hat. (…) Er werde nach Wahlen mit allen reden – auch in Thüringen. Auf seine Haltung zu Björn Höcke angesprochen, macht Maaßen klar, dass er sich diesen nicht am Kabinettstisch vorstellen könne. Eine seiner Werteunion-Mitstreiterinnen ergänzt aber, Höcke müsse man einfach einbinden und beobachten – dafür sei Maaßen doch aufgrund seiner Verfassungsschutzvergangenheit der richtige Mann. Mit seinen Ansichten zur AfD stößt Maaßen bei den Teilnehmern der Runde auf Skepsis und Ablehnung. Von den erhofften Unterstützern der Werteunion, durchweg von der CDU schwer enttäuschte Konservative, ist kein radikales Wort zu hören. Ein Teilnehmer, der sich als Jude zu erkennen gibt, sagt: “Ich kann mir nie vorstellen, mit einem Höcke in einem Raum zu sitzen. Wissen Sie, ich habe meine beiden Großväter nie kennengelernt.”