Mit dem Rausschmiss ihres Vertrauten hat sich Alice Weidel viel Ärger eingehandelt. Gerade der völkische Osten der AfD lässt sie das jetzt spüren. (…) Wie das Recherchekollektiv berichtete, war er dort, um sich ein neurechtes Medienprojekt anzuschauen, das er dann dem Bundesvorstand vorstellen wollte. Seit dem Treffen von Potsdam jedenfalls herrscht Unruhe in der Parteispitze. Mal wieder. Denn einmal mehr hatte Alice Weidel eine einsame Entscheidung getroffen. Dafür ist sie in der Partei bekannt und gefürchtet. Schon als sie im vergangenen Jahr eine Kanzlerinnenkandidatur für ihre Partei ankündigte, wurde die AfD davon überrascht. Mit Hartwigs Rauswurf aber ist Weidel nun aus Sicht einiger einflussreicher AfD-Mitglieder zu weit gegangen: Sie habe keinen Schaden abgewandt, sondern Scherben hinterlassen, heißt es. Und das zu einer Zeit, in der die Partei in Umfragen so glänzend dasteht wie nie zuvor. Schließlich habe die Correctiv-Enthüllung sogar geholfen, heißt es, die auch von der AfD schon länger propagierte Vokabel der Remigration fest im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern. In der AfD, so sagt es ein hochrangiger AfD-Politiker aus dem Westen, herrsche derzeit “Unbill” gegenüber der Co-Parteichefin. Götz Kubitschek, Verleger und völkischer Vordenker aus Schnellroda in Sachsen-Anhalt, warf Weidel in einem Blogpost vom Dienstag vor, die Partei zu spalten. “Weidels Entscheidung ist Altparteienverhalten und hat dem Gegner Munition geliefert.” Um Weidel, deren Netzwerk in der Partei ohnehin schon lange dünn ist, könnte es nun zunehmend einsam werden. Was man ihr in der Partei vor allem übel nimmt: Weidel entließ Hartwig dem Vernehmen nach weniger, um öffentlich klare Kante gegen Rechtsextremisten zu zeigen, sondern aus rein machtstrategischen Gründen. “Sie hatte Angst, dass es ihr persönlich schadet”, heißt es aus der Partei. Wahr ist aber auch: Hätte sie Hartwig gehalten, hätten das ihre internen Widersacher allerdings wohl ebenfalls gegen sie verwendet – spätestens sobald die parteiinterne Wahl zur von ihr angestrebten Kanzlerkandidatur ansteht. Wenig verständlich ist aus der Binnensicht der AfD zudem, dass Weidel den Vorwurf, die Partei habe sich in Potsdam mit Extremisten gemein gemacht, einerseits scharf als Unterstellung und als “ungeheuerlichen Medienskandal” zurückweist, andererseits Hartwig genau deshalb entlässt. “Taktisch unklug” sei das, sagt einer aus der Führung. “Parteiintern fällt ihr das auf die Füße”, heißt es auch in den Reihen der westdeutschen AfD. “Absolut unverständlich”, so bezeichnet ein hochrangiges AfD-Mitglied aus Nordrhein-Westfalen den Vorgang, er ist überzeugt, dass Weidels Handeln “eine Opfergabe an die empörte Öffentlichkeit” war. Da fehlt eigentlich nur noch das Wort Verrat.
via zeit: Alice Weidel : Isoliert an der Spitze