Im Herbst 2020 war ein 19-Jähriger nach einer Demo gegen eine AfD-Veranstaltung in eine Menschengruppe gefahren. Eine Person wurde dabei schwer verletzt. Nun beginnt in Kiel der Prozess. von Doreen Pelz Für eine AfD-Veranstaltung in Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) am 17. Oktober 2020 kündigt sich der damalige Parteivorsitzende Jörg Meuthen an. Ein Aktionsbündnis ruft wieder einmal zu einer Demo vor dem Bürgerhaus auf. Seit Jahren setzt es sich dafür ein, dass Versammlungen und Parteitage der AfD nicht mehr in der Stadt stattfinden. Rund 200 Demonstrantinnen und Demonstranten kommen mit Transparenten, Trillerpfeifen und Trommeln. Die Polizei spricht vom “ausschließlich bürgerlichen Spektrum” und “circa 50 bis 60 Personen der linken Szene”. Gegen 18.30 Uhr geht die AfD-Veranstaltung zu Ende – und damit auch die Demonstration. Was dann passiert, ist anschließend für zweieinhalb Jahre Teil polizeilicher Ermittlungen. Fest steht: Ein 19-Jähriger fährt mit seinem Pick-up in eine Menschengruppe, verletzt dabei eine Person schwer. In dem Durcheinander danach gibt ein Polizeibeamter einen Warnschuss in die Luft ab. Im Auto sollen außerdem weitere Anhänger der rechten Szene gesessen haben. (…) In der Anklageschrift steht nun: “Der Angeklagte und seine Begleiter sollen gebeten worden sein, sich (Anmerkung der Redaktion: von der Veranstaltung) zu entfernen. Daraufhin soll sich der Angeklagte in seinen Pkw gesetzt und zunächst langsam angefahren, auf 25 bis 35 Kilometer pro Stunde beschleunigt und ungebremst in die Zeugen gefahren sein und teilweise verletzt haben.”
via ndr: Prozessstart nach Fahrt in Menschenmenge in Henstedt-Ulzburg
siehe auch: Prozess um Attacke auf AfD-GegnerInnen :„Unpolitischer“ Hass auf Linke Im Prozess um die Auto-Attacke am Rande einer AfD-Veranstaltung gab der Angeklagte sich harmlos. Überzeugend war das nicht. Vor fast drei Jahren fuhr ein damals 19-Jähriger am Rand einer AfD-Veranstaltung in Henstedt-Ulzburg mit einem Pick-up in eine Gegendemonstration, mehrere Menschen wurden verletzt. Am Kieler Landgericht begann am Montag, begleitet von einer Kundgebung vor dem Gebäude, der Prozess. Der heute 22-jährige Melvin S. erklärte die Tat als Folge einer „Panik“ und Angst vor den Demonstrierenden. Für die Opfer ist das nicht glaubwürdig. „Ich bin wortwörtlich in Todesangst um mein Leben gerannt“, sagte eine der Betroffenen bei der Kundgebung vor dem Gericht. Im Saal gehörte die Bühne an diesem Tag dem Angeklagten. Die Staatsanwalt wirft ihm versuchten Totschlag vor: Als er mit rund 25 bis 35 Stundenkilometern „ungebremst“ in die Personengruppe gefahren sei, habe er absichtlich den „Zusammenstoß als Folge seines Handels in Kauf genommen“ und Leib und Leben gefährdet. Dabei wurde einer der Betroffenen beiseite geschleudert und an Hals und Lendenwirbelsäule verletzt, die übrigen erlitten teils multiple Prellungen, Abschürfungen und weitere Verletzungen. Dass der Fall eine „politische Dimension“ habe, bestritt S.’ Anwalt Jens Hummel. Sein Mandant sei im Internet als Faschist oder Nazi bezeichnet worden, dabei sei der Vorfall nur in „örtlicher Nähe“ zu der AfD-Veranstaltung geschehen.