Bahlsen ist eines der bekanntesten deutschen Familienunternehmen, es besteht seit mehr als 130 Jahren. Doch die dunkelste Zeit der Firmengeschichte hat der Backwarenhersteller erst vor kurzem aufgearbeitet. Hugo Boss, BMW, Porsche und Co.: Einige der größten deutschen Unternehmen haben eine dunkle Vergangenheit. Während sich manche Firmen um Aufklärung bemühen, versuchen andere, ihre NS-Verstrickungen zu verschweigen. Das Familienunternehmen Bahlsen, Hersteller des Leibniz-Kekses, verbarg lange seine Machenschaften während der Herrschaft der Nationalsozialisten. Erst nach einem Skandal im Jahr 2019 kündigte die Familie an, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Auslöser waren Äußerungen von Firmenerbin Verena Bahlsen. Ihre Vorfahren hätten "Zwangsarbeiter genauso bezahlt wie die Deutschen und sie gut behandelt", entgegnete sie 2019 Kritikern, die ihr vorwarfen, dass die Familie Bahlsen ihren Wohlstand der Ausbeutung von Zwangsarbeitern während des Zweiten Weltkriegs zu verdanken habe. Es folgte ein Shitstorm, Verena Bahlsen verließ das Unternehmen. (...) Von Mai 1940 bis Kriegsende 1945 schufteten mehr als 700 Zwangsarbeiter aus Polen und der Ukraine in der Keksfabrik in Hannover, um die Produktion aufrechtzuerhalten. "Diese Menschen mussten in betriebseigenen Lagern leben und waren entsprechend der rassistischen Hierarchisierung Benachteiligung ausgesetzt", heißt es auf der Website. Auch in der Zweigstelle Gera seien ab 1943 Zwangsarbeiter ausgebeutet worden. An dieser Stelle endet die Zusammenarbeit mit dem NS-Regime allerdings nicht. Neben den bestehenden Fabriken in Hannover und Gera übernahm Bahlsen 1942 in Kooperation mit der SS auch ein Kekswerk in der besetzten Ukraine. Dort kontrollierten zehn Bahlsen-Mitarbeiter aus Deutschland mehr als 2.150 Zwangsarbeiter. "Die Niederlassung vor Ort setzte bis September 1943, als die Rote Armee die Stadt zurückeroberte, umgerechnet knapp 11 Millionen Reichsmark mit der Versorgung der Wehrmacht um", schreibt die Bahlsen-Familie in einer Zusammenfassung der Ereignisse. Inflationsbereinigt entspricht diese Summe knapp 72 Millionen Euro. Den Zwangsarbeitern zahlte man einem Bericht der "Zeit" zufolge wöchentlich fünf bis zehn Reichsmark aus. Der weitaus größere Teil des Lohns sei einbehalten worden. Der durchschnittliche Bruttolohn zur damaligen Zeit betrug circa 44 Reichsmark pro Woche.
via t-online: Wie Bahlsen von den Nazis profitierte Der Kekshersteller mit der dunklen Vergangenheit