Die Ampel wollte unabhängige Möglichkeiten schaffen, gegen Kontrollen vorzugehen, die rassistisch sein könnten. Jetzt verteidigt sie das Vorgehen der Bundespolizei. Racial Profiling ist grundgesetzwidrig, weil es gegen den Grundsatz der Gleichheit verstößt – dennoch geht die Bundesregierung bisher nicht dagegen vor. In einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag verteidigt die Ampelkoalition sogar die Kontrollen nach Paragraph 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes (BPol). Dabei handelt es sich nicht nur um eine rein polizeiliche Praxis, am äußeren Erscheinungsbild, etwa Haut-, Haarfarbe, Gesichtsschnitt, anzusetzen, um Menschen zu kontrollieren oder gegen sie zu ermitteln. Vor allem diese Bestimmung kritisiert seit Jahren sowohl die UN als auch die EU-Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), weil sie sie als Einladung zu Rassismus betrachten. Der Paragraf erlaubt der Bundespolizei, Personen zu kontrollieren, von denen sie „auf Grund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung“ annimmt, dass sie unerlaubt eingereist sind. Diese Kontrollen erfolgten nicht, wie in der Kleinen Anfrage behauptet, „anlasslos“, sondern jeweils „lageabhängig“, schreibt das Haus von Ministerin Nancy Faeser (SPD). Genau dies ist allerdings der zentrale Punkt der Kritik: Dass nicht das konkrete Verhalten einer Person Anlass gibt, sie zu kontrollieren, sondern eine nicht näher bestimmte Einschätzung der „Lage“ und die ebenso unbestimmte „grenzpolizeiliche Erfahrung“ der Beamt:innen. Dies trifft dann oft Angehörige von sichtbaren Minderheiten, deren Dokumente geprüft und deren Gepäck untersucht wird. (…) Nach wie vor weigere sich das Ministerium, die Realität rassistischer Kontrollen anzuerkennen und Maßnahmen dagegen auf den Weg zu bringen. Für Millionen Menschen in Deutschland, sei es Alltagserfahrung, ohne sachlichen Grund von der Polizei kontrolliert zu werden, oft nur wegen ihrer Hautfarbe oder eines religiösen Symbols wegen. Das „effektivste Mittel“, Polizeikontrollen zu beenden, die gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 des Grundgesetzes verstoßen, sagt Clara Bünger, wäre es, „die Befugnis zu verdachtsunabhängigen Kontrollen ersatzlos zu streichen“ – womöglich im Zuge der sowieso anstehenden Reform des Bundespolizeigesetzes.
via tagesspiegel: Polizei prüft Beschwerden weiter selbst :Tut die Ampel-Koalition genug gegen Racial Profiling?