Künstler wie Herbert Grönemeyer setzen mit ihren Auftritten beim Festival „Jamel rockt den Förster“ ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus. Horst und Birgit Lohmeyer zeigen durch ihr Engagement, dass Jamel nicht nur ein Nazi-Dorf ist. Seit 15 Jahren veranstalten sie auf ihrem Hof das Festival „Jamel rockt den Förster“ und werden dafür nun mit dem Regine-Hildebrandt-Preis ausgezeichnet. Eigentlich könnte das Dorf Jamel in Mecklenburg-Vorpommern mit seinen laut Wikipedia 35 Einwohnerinnen ein beschauliches Örtchen zwischen Wismar und Lübeck sein. Wäre da nicht die Vorsilbe „Nazi-“. Denn seit Jahrzehnten gilt Jamel als Nazi-Dorf. Dass nicht alle Menschen im Ort Anhängerinnen des Rechtsextremismus sind, hat in erster Linie mit Birgit und Horst Lohmeyer zu tun. Die beiden wohnen seit 2004 in Jamel und werden nicht müde, die Fahne gegen Rechts hoch zu halten. Seit 2007 veranstalten sie daher das Festival „Jamel rockt den Förster“. Engagierte Leute gegen Rechtsextremismus „Wir wollten der gezielten Besiedelung unseres Dorfes durch rechtsextreme Familien nicht tatenlos zusehen. Als sie anfingen, uns zu mobben und uns augenscheinlich vertreiben wollten, haben wir gesagt, wir müssen uns wehren“, erklärt Birgit Lohmeyer im Gespräch mit dem „vorwärts“, wie es vor 15 Jahren zur ersten Auflage kam. Sie wollten sich nicht mit Gewalt wehren, sondern mit anderen Mitteln. „Wir haben uns dann ganz schnell überlegt, dass wir auf unserem großen Hof wunderbare Möglichkeiten haben, öffentliche Veranstaltungen anzubieten. Wir haben Kunst- und Gartenausstellungen gemacht und der Bevölkerung so eine sichere Möglichkeit gegeben, sich das Dorf Jamel und was hier passiert, mal anzuschauen. Da Horst Musiker ist, hatten wir die Idee: Musik wäre auch cool“, erzählt sie. Was damals im kleinen Rahmen begann, ist inzwischen deutlich größer geworden. Namhafte Bands und Künstler*innen wie die Toten Hosen, die Ärzte, Herbert Grönemeyer oder die Sportfreunde Stiller traten in den vergangenen Jahren bei Horst und Birgit Lohmeyer auf dem ehemaligen Forsthof auf. Alle komplett ohne Gage, da das Festival nicht-kommerziell und ehrenamtlich organisiert ist. „Das sind sehr engagierte Leute, die auch kein Blatt vor den Mund nehmen, um von der Bühne herunter etwas gegen Rechtsextremismus zu sagen. Insofern sind wir sehr stolz und freuen uns über die Unterstützung“, freut sich Lohmeyer. Große Unterstützung durch die Toten Hosen Vor allem die Unterstützung der Toten Hosen habe enorm dazu beigetragen, das Festival so groß und bundesweit bekannt zu machen. Nicht nur durch den unangekündigten Auftritt der Band 2015, sondern auch im Nachgang, als sie den Lohmeyers Leute aus dem Musikbusiness an die Seite gestellt haben, die bei der Organisation geholfen haben. Es war ein sichtbares Zeichen der Solidarität, nachdem die Scheune des Ehepaars auf dem Hof in Jamel im selben Jahr durch Brandstiftung komplett abgebrannt ist. Von den Bedrohungen und Beleidigungen ihrer rechtsextremen Nachbarn lassen die beiden sich weder einschüchtern noch vertreiben. „Es wird nach wie vor sabotiert, wo es nur geht“, sagt Birgit Lohmeyer und denkt trotzdem nicht ans Aufhören. Ein bisschen „reclaim your village“, also das eigene Dorf zurückholen, sei auch mit dabei, sagt sie. „Nicht nur die Nazis haben die Deutungshoheit über alles, was Jamel betrifft.“
via vorwärts: Jamel rockt den Förster: Musik-Festival gegen die Nazi-Nachbarn