Der Rechtsextremist hat keinen türkischen Pass. Die Auslieferung des Verschwörungsideologen aus der Türkei ist doch möglich. Nur selten sind Behördenfehler besser dokumentiert als im Fall der Berliner Generalstaatsanwaltschaft und ihren Ermittlungen zu einem rechtsextremen Kochbuchautor. Am 25. März 2021 teilt der verifizierte Account der Justizbehörde über den Kurznachrichtendienst Twitter mit: „Der Beschuldigte hat neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit“. Gemeint ist Attila Hildmann, 41-jähriger Antisemit, Neonazi und Verschwörungsideologe, der sich in Zeiten vor der Pandemie als veganer Vorreiter und Erfinder eines eigenen Energy Drinks inszenierte und sich seit mittlerweile anderthalb Jahren vor der Vollstreckung eines Haftbefehls in der Türkei versteckt. Gesucht wird Hildmann von den Berliner Behörden unter anderem wegen Volksverhetzung, der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Zu Beginn der Pandemie hatte der 41-jährige diverse Proteste mitorganisiert, die sich gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus richteten und gleichzeitig Judenhass und volksverhetzenden Parolen beinhalteten. Doch keine doppelte Staatsbürgerschaft Im Winter 2020 setzte sich Hildmann in die Türkei ab, um drohenden Verurteilungen zu entgehen. Seitdem zeigte sich die Berliner Staatsanwaltschaft aufgrund der angeblichen doppelten Staatsbürgerschaft des Verschwörungsideologen machtlos, da eine Auslieferung durch die Türkei so unmöglich wäre. Nun stellt sich heraus: diese doppelte Staatsbürgerschaft gibt es gar nicht, Hildmann ist Deutscher. (…) Der Verschwörungsideologe hatte selbst wiederholt über den Messengerdienst Telegram behauptet, im Besitz eines türkischen Passes zu sein. Die Ermittler fragten daraufhin bei der Senatsverwaltung für Inneres nach Unterlagen, die das belegen. Dort wurde ihnen mitgeteilt, dass sich das Melde- und Personalausweisregister in dieser Hinsicht als „nicht ergiebig erweist“. Zwar gab es einen Eintrag über eine angebliche türkische Staatsangehörigkeit im Melderegister, woher dieser stammte, konnte allerdings nicht nachvollzogen werden. Gleichzeitig seien kein Pass oder Ausweis türkischer Herkunft gespeichert worden. Hildmann hat bloß einen deutschen Pass Im Chaos unterschiedlicher Meldeauskünfte nahmen die Ermittler offenbar an, dass Hildmanns Selbstaussage über eine zweite Staatsangehörigkeit richtig sei. Im März 2022 wurden schließlich Behörden in Ankara kontaktiert, die die Existenz eines türkischen Passes verneinten.
via tagesspiegel: Kritik an Berliner Staatsanwaltschaft: Staatsbürgerschaft von Attila Hildmann nicht ordentlich geprüft
siehe auch: Hildmann ohne türkische Staatsbürgerschaft: Auslieferung? Der mit Haftbefehl gesuchte rechtsradikale Verschwörungserzähler Attila Hildmann könnte doch nach Deutschland ausgeliefert werden. Anders als zunächst von der Berliner Staatsanwaltschaft angenommen, besitzt Hildmann nur die deutsche Staatsbürgerschaft, wie Behördensprecher Sebastian Büchner am Dienstag sagte. Zuvor hatte der «Stern» darüber berichtet. Die Staatsanwaltschaft gehe seit vergangenen April davon aus, dass Hildmann nur die deutsche Staatsbürgerschaft besitze. Nachfragen bei türkischen Behörden und weitere Ermittlungen etwa durch das Bundeskriminalamt führten laut Büchner im vergangenen Juni dazu, dass der Internationale Haftbefehl angepasst wurde. Die Fahndungsmaßnahmen seien erweitert worden. Der Sprecher ließ offen, ob die Bundesregierung inzwischen ein Auslieferungsgesuch an die Türkei gestellt hat. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete die Angelegenheit als «hochgradig peinlich». Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit längerem gegen Hildmann, der sich selbst als «ultrarechts» und einen Verschwörungsprediger bezeichnet, wegen Volksverhetzung, des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Der frühere Autor veganer Kochbücher war seit den ersten Monaten der Corona-Pandemie im Messengerdienst Telegram mit immer unverhohlenerem Judenhass aufgefallen. Seit Ende Dezember 2020 ist er auf der Flucht und hält sich in der Türkei versteckt.