Die Welt von Karl May gehört für viele zu lieb gewonnenen Kindheitserinnerungen. Das rechtfertigt aber nicht, gegenüber Unrecht und Rassismus blind zu sein. Große Aufregung: Es geht Winnetou an den Kragen. Der Ravensburger Verlag entschied sich nach Rassismuskritik dafür, das Buch zum aktuellen Kinderfilm „Der junge Häuptling Winnetou“ vom Markt zu nehmen. Natürlich folgte reflexartig der Cancel-Kultur-Aufschrei. Die sich wiederholende Spirale ist nervig, aber wohl vorerst nicht zu umgehen – die Gesellschaft arbeitet an ihrer Veränderung, und das verlangt schmerzhafte Umdenkprozesse vor allem bei denen, die das nicht für nötig halten. Wer mit Karl Mays Winnetou-Universum aufgewachsen ist, hat vermutlich viel Kindheitszeit damit verbracht, sich in diese Welt hineinzuträumen, in einen „Wilden Westen“, wo nach aufregenden Abenteuern das vermeintlich Gute siegt. So jemanden kann es auch als Erwachsenen hart treffen, wenn im Nachhinein all das für schlecht erklärt wird. Das ist verständlich: Kindheitsträume sind etwas sehr Persönliches. Und man kann Kindern von damals nicht vorwerfen, stereotype Darstellungen indigener Menschen nicht erkannt zu haben. Das nötige Wissen war nicht überall. Heute aber ist das der Fall. Und viele der alten Fans, wie sicher auch Sigmar Gabriel, der seine Winnetou-Loyalität per Tweet in die Welt posaunte, wissen eigentlich, dass die Gesellschaft sich weiterentwickelt hat. Sie können es ignorieren, doch dann müssen sie in Kauf nehmen, dass ihr Verhalten von anderen als ignorant aufgefasst wird.

via taz: Aufregung um „Winnetou“-Buch :Man muss loslassen können

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