Nach den Sommerferien soll in Uznach eine Privatschule nach den Lehren der rechts-esoterischen Anastasia-Bewegung eröffnet werden. Sie wirbt mit kruden Lernversprechen, doch die kantonalen Behörden schöpften bislang keinen Verdacht. Auf dem Flyer der Schule «Lernraum zum Eintauchen», der derzeit etwa im rechtsextremen Reichsbürger-Telegram-Chat «Person wird :Mensch» zirkuliert, ist alles offen dargestellt: Die Initiant:innen der Privatschule, die in Uznach verwirklicht werden soll, beziehen sich explizit auf die Musterschule der Anastasia-Bewegung im russischen Tekos – die sogenannte Schetinin-Schule. Eine der aufgeführten Lehrerinnen gibt an, in Tekos das Lernkonzept des verstorbenen Leiters Michail Schetinin studiert zu haben. Zu diesem Konzept ist auf dem Flyer zu lesen: «Offenes und freies Lernen entsteht durch den Kontakt des bioenergetischen Feldes. Wenn hier das Treffen gelingt, kann in zehn Tagen der Mathematikstoff der ganzen Mittelschule erfasst werden. Also zehn Jahre Mathematik in elf Tagen.» Nationalistischer Drill Anastasia ist eine völkisch-esoterische Siedlungsbewegung, deren Lehre auf der gleichnamigen Buchreihe des russischen Autors Wladimir Megre basiert. Die naturromantische Darstellung von Anastasia, einer Frau mit göttlichen Fähigkeiten, die alleine und in völligem Einklang mit ihrer Umgebung in der Taiga lebt, zieht auch Ökobewegte in ihren Bann. Doch die Ideologie trägt eindeutig braune und weltverschwörerische Züge. Ein Kernelement ist die Beschwörung des historisch nicht verbürgten Volkes der «slawisch-arischen Wedrussen». Megres esoterischer Welttheorie nach stammen die russischen, europäischen und amerikanischen Völker von den «Wedrussen» ab. Ihr Blut will Megre reinhalten. Die Jüd:innen macht er in seinem Werk für Krankheiten und Kriege verantwortlich. Die Anastasia-Bewegung hat besonders in Deutschland Verbindungen ins Lager der Neonazis und der Reichsbürger. Bekannte Exponent:innen dieser Szene sind regelmässig an Anastasia-Veranstaltungen anzutreffen. (…) Ein weiteres vordringliches Ziel der Bewegung: Schulgründungen. Die russische Schetinin-Schule dient dabei als Modell. Sie wird von Megre im dritten Band seiner Buchreihe als die ideale Ausbildungsstätte für den Anastasia-Nachwuchs beschrieben. Sektenexpert:innen beschreiben die Schetinin-Methode als eine Mischung aus nationalistisch-militärischem Drill – die Kinder lernen etwa Volkstanz und Schwertkampf – und kruden esoterischen Lernversprechen. Kern der pädagogischen Lehre ist die Idee, dass sich Kinder, das Wissen ihrer Urahnen anzapfend, gegenseitig unterrichten. Die Wissensvermittlung soll dank «berührender Kräfte zwischen den lehrenden und lernenden Schülern» passieren. Lernerfolg im Rekordtempo wird versprochen. All diese Informationen sind leicht zu finden. Anfang Juli hat etwa das antifaschistische Recherchenetzwerk «FarbundBeton» über Twitter eine ausführliche Recherche zum Uznacher Schulprojekt veröffentlicht. Dennoch hat der Bildungsrat des Kantons St. Gallen dem «Lernraum zum Eintauchen» für das Schuljahr 2022/23 die Bewilligung als Privatschule erteilt. Jürg Müller, Leiter Abteilung Aufsicht und Schulqualität, sagt am Telefon, aus dem Konzept der Initiant:innen habe sich keine Verbindung zur Anastasia-Bewegung ableiten lassen. Ausserdem habe man nach einem religiös-ideologischen Hintergrund gefragt, «das wurde verneint».