Nicht erst in der Corona Pandemie wandten sich einige ehemalige DDR-Bürgerrechtler*innen der (extremen) Rechten zu. Michael Beleites war zu DDR-Zeiten in der oppositionellen Umweltbewegung aktiv. Heute lebt der studierte Landwirt in der Nähe von Dresden. Seine 1988 illegal erschienene Dokumentation „Pechblende“ über den Uranabbau der DDR war ein Meilenstein oppositioneller Publizistik. Nach der Wende arbeitete Beleites u.a. für das kirchliche Forschungsheim Wittenberg. Nach dem Ende seines Amtes als Stasi-Beauftragter des Bundeslandes Sachsen wird es öffentlich ruhig um den ehemaligen DDR-­Oppositionellen. Im Januar 2018 referiert er seine umweltpolitischen Thesen bei der „Winterakademie“ des rechten „Institut für Staatspolitik“ (IfS). Öffentlich dafür kritisiert1, sah sich Beleites zu Unrecht mit der extremen Rechten assoziiert. Im Jahr 2020 verfasste er einen Text für die erste Ausgabe der rechten Ökologie-Zeitschrift „Die Kehre“, die von dem „Ein Prozent“-Aktivisten Jonas Schick redigiert wird.2 Beleites ist nur ein Beispiel für ehemalige DDR-Bürgerrechtler, die sich der (extremen) Rechten zugewandt haben. Ob Siegmar Faust, Vera Lengsfeld oder Angelika Barbe. So unterschiedlich ihre Lebenswege in der DDR-Opposition waren; sie eint, dass sie sich heute im Umfeld der AfD bewegen. Ausgestattet mit der moralischen Autorität ihres widerständigen Engagements in der DDR, agieren sie heute als Fürsprecher diverser (extrem) rechter Politikangebote. (…) Biografische Prägungen und die in der DDR erlebte staatliche Repression führen dazu, dass einige ehemalige DDR-Oppositionelle ihr heutiges politisches Agieren als Fortsetzung eines in der DDR eingeübten Non-Konformismus, also des aus grundsätzlichen Erwägungen resultierenden Widersprechens gegen das ansehen, was sie als eine zu Unrecht vorherrschende und  durchgesetzte Politik interpretieren. Die Haltung, aus moralischen Prinzipien heraus oppositionell zu handeln, hatte etwa Wolfgang Templin zu Beginn der 1990er Jahre zeitweise an die Seite der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ geführt.3 Templin hat sich später von seinem Flirt mit der “Neuen Rechten” distanziert. Andere ehemalige Protagonisten der DDR-Opposition finden in der “neu rechten” Szene ein Forum und Anerkennung. Diese Haltung des angeblichen Non-Kon­formismus gegenüber allen politischen Systemen trifft auf Resonanz in der (extremen) Rechten. Der systemübergreifende, weniger inhaltlich begründete als habituelle Widerspruchsgeist fasziniert deren Protagonisten. Sind diese doch auf der Suche nach Vorbildern für ihre gegenwärtige politische Praxis, die jenseits der (extrem= rechten Ideengeschichte liegt.

via aib: Von der DDR-Opposition nach rechts außen AIB 133