Fall Andreas Kalbitz geht in die nächste Runde

Trotz einer Niederlage vor Gericht will sich der Nationalist Andreas Kalbitz weiterhin zurück in die AfD einklagen. Der Parteianwalt hält ihm vor, auf Zeit zu spielen. Der frühere Brandenburger AfD-Chef Andreas Kalbitz hat vor Gericht eine weitere Niederlage hinnehmen müssen. Er unterlag vor dem Landgericht Berlin mit seinem Ansinnen, seine Mitgliedschaft in der AfD wiederherzustellen. Das Gericht wies die Klage ab und verwies darauf, dass auch die Vorinstanzen so entschieden hatten. Kalbitz’ Anwalt Andreas Schoemaker kündigte an, in Berufung gehen zu wollen. Kalbitz hatte schon früher angekündigt, seine Parteimitgliedschaft bis zur höchsten Gerichtsinstanz einzuklagen. In dem Rechtsstreit geht es nicht um einen förmlichen Parteiausschluss von Kalbitz. Der AfD-Bundesvorstand hatte Kalbitz vielmehr im Mai 2020 per Mehrheitsentscheidung die Mitgliedschaft aberkannt, weil er bei seinem Parteieintritt 2013 verschwiegen haben soll, dass er in den Neunzigerjahren – wenn auch nur für wenige Monate – Mitglied der damals vom Verfassungsschutz beobachteten Republikaner war. Zudem soll er zur Neonaziorganisation HDJ gehört haben, die später verboten wurde. Letzteres bestreitet Kalbitz. Er klagte vor dem Landgericht auf Wiederaufnahme, parallel bestätigte aber das Parteigericht der AfD seinen Rauswurf. Seitdem geht der Fall durch die Gerichte: Das Kammergericht als nächste Instanz hatte bereits in einem Eilverfahren im August 2020 das Urteil des Parteigerichts für wirksam erklärt – es weise keine Verfahrens- oder andere Rechtsfehler auf. Kalbitz blieb draußen.  
Nun folgte die von Kalbitz angestrengte mündliche Hauptverhandlung des Landgerichts. Schon zu deren Beginn im Saal 208/209 verdeutlichte Richter Hans-Joachim Luhm-Schier, dass er dieses Verfahren für nicht aussichtsreich hält. Die Entscheidungen der Vorinstanzen seien eindeutig. “Warum denn jetzt noch einen Prozess?”, fragte Luhm-Schier. Wenn man beim Parteieintritt in die AfD extremistische Vormitgliedschaften verschweige, “dann tritt man eben anfechtbar ein” – müsse also damit rechnen, dass die Mitgliedschaft für nichtig erklärt werde. Kalbitz’ Anwalt Schoemaker entgegnete, man wolle den Weg durch die Instanzen durchschreiten und klage daher vor dem Landgericht. Der Anwalt der AfD, Joachim Steinhöfel, erwiderte, Kalbitz versuche nur, durch das Verfahren Zeit zu gewinnen, um einen neuen Antrag auf Aufnahme in die AfD stellen zu können. Sobald sich nach der für Juni geplanten Wahl des Parteivorstands die Mehrheitsverhältnisse dort zu seinen Gunsten geändert haben könnten, wittere er eine Chance auf wirksame Aufnahme.

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siehe auch: Kalbitz verliert Prozess gegen die AfD – Klage abgewiesen, Kläger pleite? Kalbitz verliert seine Klage. die Mitgliedschaft bleibt annulliert. Außerdem wurde bekannt, dass er dem Finanzamt 46.000 Euro schuldet. Der Rechtsextremist und ehemalige Chef der AfD Brandenburg, Andreas Kalbitz, bleibt draußen. Die Klage des 49-Jährigen gegen die Annullierung seiner Parteimitgliedschaft im Jahr 2020 wurde abgewiesen. Das hat die Zivilkammer 43 des Landgerichts Berlin erstinstanzlich im Hauptsacheverfahren entschieden. Bereits in zwei anderen gerichtlichen Eilverfahren unterlag der weiterhin in der AfD präsente Strippenzieher der völkischen Parteiströmung. Kalbitz selbst erschien nicht vor Gericht und ließ sich von seinem Anwalt Andreas Schoemaker vertreten. (…) Der Richter stellte klar, dass Kalbitz’ Mitgliedschaft rechtmäßig annulliert wurde und es daran keine Zweifel gebe: „Es geht nicht um einen Parteiausschluss. Wenn man nicht Mitglied geworden ist, kann man nicht ausgeschlossen werden.“ Er machte dabei geltend, dass Kalbitz bei seiner Aufnahme nicht angegeben hatte, 1994 Mitglied bei den Republikanern gewesen zu sein. Das sei bereits so eindeutig, dass man gar nicht erst über dessen mutmaßliche Mitgliedschaft in der rechtsextremen Heimattreuen Deutschen Jugend verhandeln müsse. Die Partei habe Kalbitz’ unvollständige Beitrittserklärung erfolgreich angefochten, so der Richter: „Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist bürgerliches Recht, das ist eine ziemlich einfache Rechtsanwendung. Die Mitgliedschaft ist hin“, und fragte dann leicht entnervt: „Was sollen wir jetzt hier machen?“ Kalbitz’ Anwalt erwiderte nichts juristisch Stichhaltiges, außer, dass er offenbar auch ohne Argumente in die nächste Instanz ziehen wolle. (…) Die Prozesskosten dürften bereits jetzt ein Problem für Kalbitz darstellen: Denn nebenbei teilte AfD-Anwalt Steinhöfel anwesenden Journalisten mit, dass Kalbitz der Partei für Festsetzungsbeschlüsse noch Geld geschuldet hätte, eine beantragte Kontopfändung aber ins Leere lief, weil Kalbitz’ Konto bereits vorrangig gepfändet gewesen sei. Demnach schuldete Kalbitz dem Finanzamt Königs Wusterhausen bereits zuvor 46.237,40 Euro. Eine das belegende „Drittschuldnererklärung und Empfangsbekenntnis“ der Commerzbank vom 24. November 2021 legte Steinhöfel anwesenden Journalisten vor. Kalbitz’ Anwalt wollte sich dazu nicht äußern. Auch Kalbitz selbst antwortete auf taz-Anfrage dazu bislang nicht. Billiger wird’s für den Rechtsextremen jedenfalls nicht. In der mündlichen Verhandlung einigten sich beide Seiten auf einen Streitwert von 10.000 Euro. Die Einigung könnte für Kalbitz allerdings auch ein Eigentor sein: Berufung ans BGH ist erst ab einem Streitwert von 20.000 Euro möglich.