Mitten im morgendlichen Berufsverkehr schießt ein Mann in einer New Yorker U-Bahn plötzlich wahllos um sich. Der mutmaßliche Täter postete bis zum Tag vor dem Anschlag verschwörungsideologische Monologe. Die konkreten Hintergründe des Anschlags bleiben jedoch nach wie vor im Unklaren. Mitten im morgendlichen Berufsverkehr wurde am Dienstag, den 12. April 2022 in einer U-Bahn in New York eine Rauchbombe entzündet. Zeug:innen berichten dass, nur einige Sekunden nach Verlassen der U-Bahn Station, ein Täter dessen Gesicht von einer Gasmaske verdeckt war, wahllos begann mit einer Pistole auf Personen im Wagon zu schießen. Wie Ermittlungen später zeigten wurden bis zur Ankunft an der nächsten Haltestelle, der 36th Street Station in Brooklyn, insgesamt 33 Schüsse abgefeuert. Wie durch ein Wunder wurden lediglich zehn Personen von Kugeln getroffen und niemand durch die Schüsse getötet. Bis zu 19 weitere Personen wurden jedoch im Verlauf der Geschehnisse verletzt. Es dauerte nicht lange, bis die Polizei Namen und Fotos von einer sogenannten „Person of Interest“ veröffentlichte und die New Yorker Bürger:innen um Mithilfe bei der Suche bat. Grund für diesen schnellen Verdacht waren der zurückgelassene Schlüssel eines Mietwagens und eine Kreditkarte am Tatort. Nach knapp 30-stündiger Großfahndung, wurde Frank J., ein 62 Jahre alter Afro-Amerikaner, dank eines telefonischen Tipps an die Polizei, in Manhattan festgenommen. Heute, am Donnerstag den 14. April soll er erstmals einer Richterin vorgeführt werden. Wie die New Yorker Staatsanwaltschaft veröffentlichte, muss sich J. nun wegen einer „terroristischen oder anderen gewaltsamer Attacke gegen ein Massenverkehrsmittel“ vor Gericht verantworten. Bei einer Verurteilung droht ihm eine bis zu lebenslange Haftstrafe. J. wurde in New York geboren, lebt inzwischen in Wisconsin und war der Polizei nicht unbekannt. Er wurde zwischen 1992 und 1998 mehrfach im Bundesstaat New York und in den Jahren 1991, 92 und 2007 im Bundesstaat New Jersey festgenommen. Die Gründe der Festnahmen waren unter anderem unerlaubtes Betreten von Grundstücken, Diebstahl und eine Sexualstraftat. Im Zuge der Ermittlungen wurde auch ein Grundstück in Pennsylvania von der Polizei durchsucht und weitere Munition, Teile von Schusswaffen und ein Elektroschocker sichergestellt. Die Tatwaffe, eine Pistole der Marke Glock mit 9mm Kaliber, hatte J. im Jahr 2011 legal gekauft. Augenzeug:innen der Tat berichten, dass der Täter nur aufhörte zu schießen, weil die Pistole nicht mehr funktionierte. Neben der Tatwaffe hinterließ der Täter weitere Munition und zwei nicht ausgelöste Rauchbomben am Tatort.
Das Motiv der Tat bleibt bislang unklar. Auffällig sind jedoch die mehr als 450 Videos, die J. bei YouTube und Facebook teilte. Er betrieb über zehn Jahre hinweg einen YouTube-Kanal mit dem Namen „prophetoftruth88“ mit einigen hundert Abonnent:innen. Mittlerweile wurde der Kanal von der Plattform entfernt. Verschwörungsideologien und internalisierter Rassismus Die Videos, die über Reuploads zu finden sind und Screenshots seines Facebook-Profils geben einen Einblick in die sichtlich zerrüttete Psyche und widersprüchliche Ideologie des mutmaßlichen Attentäters. In den Monaten vor dem Anschlag nahm die Frequenz, in denen er Videos produzierte, massiv zu; in den auffindbaren Videos kurz vor dem Tag des Attentates ist der Täter offenbar regelmäßig betrunken. Laut der Verhaltensforscherin und Journalistin Carolin Orr Bueno befand sich J. über längere Zeit wegen psychischer Probleme in Behandlung, hat über Suizid gesprochen, und hätte gesagt, dass das amerikanische Gesundheitssystem gewalttätig sei. Orr Bueno schreibt: „Nicht psychisch gewalttätig, aber auf die Art und Weise gewalttätig, die ‚einen dazu bringt, eine Knarre zu nehmen und ein paar Menschen zu erschießen‘.“ Ein weiteres Problem im US-amerikanischen Gesundheitssystem seien Homosexuelle, denen er ein übergriffiges Verhalten attestiert. Weitere Feindbilder von Frank J. sind der New Yorker Bürgermeister Eric Adams und Obdachlose.
Der mutmaßliche Attentäter ist zudem ein Anhänger der sogenannten „Truther“-Verschwörungsideologie, demnach war der islamistische Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 eigentlich eine Operation der US-amerikanischen Regierung. Betrunken monologisiert er darüber, dass sich die Menschheit bereits im Dritten Weltkrieg befände, und dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sich nach einem Atombombenabwurf über Russland sehnt. Dieser nihilistische Blick auf die Welt zieht sich wie ein roter Faden durch seine Social-Media-Präsenz. Außerdem äußerte er sich wohlwollend über die akzelerationistische Terrorgruppe „The Base“, so Orr Bueno auf Twitter: „Er redet über sie und ihre Taktiken in einer seltsamen Weise, fast als würde er ihre Taktik bewundern, selbst wenn er die Ursache verachtet.“ Er spricht in mehreren Videos in zunehmend abwertender Weise über andere Schwarze Menschen, die er als „domestizierte Tiere“ oder „Zuchtvieh“ bezeichnet. „Die Europäer haben uns als Sklaven gezüchtet“, so seine bittere Aussage. Afroamerikaner:innen hätten die Mentalität von „Farmtieren“ entwickelt. Deswegen würde er auch verstehen, wenn Weiße Menschen einen Genozid an Schwarzen verüben würden: „Und wenn sie versuchen würden, uns zu vernichten, ich wäre nicht mal ein kleines bisschen sauer, weil ein [N-Wort] – und das seid ihr verdammt nochmal — sich weigert zu verstehen, dass ihr ein ernsthaftes Problem habt, das ihr nicht angegangen seid, seitdem sie uns vermeintlich ‚freigelassen‘ haben. Sie haben euch nicht die Freiheit gegeben, sie haben euch von der Leine gelassen. Man kann ein domestiziertes Tier nicht frei lassen.“
via belltower: New York – ATTENTAT MIT VERSCHWÖRUNGS-HINTERGRUND?