Datensatz zeigt, dass 40 Prozent von Trump-Ansprache zum Kapitol gingen – Zahlreiche Angreifer lassen sich anhand von Standortdaten eindeutig identifizieren. Bei Rechtsbrüchen selbst filmen: Selten eine gute Idee. Aber auch ohne solche offensichtlichen Fehler lassen sich viele Angreifer über ihre Smartphone-Daten identifizieren. Es war einer jener Momente, die sich in das kollektive Gedächtnis einbrennen: Als rechtsextreme Trump-Anhänger am 6. Jänner das US-Kapitol stürmten, sorgte dies weltweit für schockierte Reaktionen. Dabei war der erste Eindruck sogar noch harmlos im Vergleich zu dem, was in den kommenden Tagen und Wochen offenbar wurde. Nämlich, dass es nur dem Zufall sowie dem beherzten Handeln einzelner zu verdanken ist, dass dabei nicht mehr Personen getötet wurden. Spurensuche In der Aufarbeitung dieser Vorgänge spielten digitale Spuren schnell eine entscheidende Rolle. Hatten doch viel der Angreifer ihre Aktivitäten stolz auf sozialen Medien dokumentiert. Gerade dank der Auswertung von auf Parler geposteten Videos und mit Standortdaten versehenen Fotos gelang es Timelines für die Aktivitäten einzelner zu erstellen – und sie zu identifizieren. Nun ist ein weiterer Datensatz aufgetaucht, der bei der Spurensuche hilfreich ist – der aber gleichzeitig zeigt, wie weit das, was Kritiker als “Überwachungskapitalismus” bezeichnen, mittlerweile ausgeartet ist.
Die New York Times hat von einer anonymen Quelle Daten aus der Sammlung eines auf Smartphones-User-Tracking spezialisierten Unternehmens erhalten – und zwar speziell auf den räumlichen und zeitlichen Kontext des Angriffs beschränkt. Darin sind mehr als 100.000 “Location Pings” enthalten, also Momente, in denen ein Smartphone der Personen in diesem Bereich seinen Standort gemeldet hat. Eindeutige Schlüsse Daraus lassen sich durchaus interessante Rückschlüsse ziehen: So zeigt sich etwa, dass 40 Prozent jener, die zuvor der Ansprache des damals noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump gelauscht haben, danach zum Kapitol gegangen sind. Vor allem aber ließen sich über den Datensatz 130 Angreifer, die innerhalb des Kapitols waren, eindeutig identifizieren. War es doch mit einer Ausdehnung des zeitlichen Rahmens ein leichtes sie bis nach Hause zu verfolgen – alle Zwischenstopps bei Tankstellen und Restaurants fein säuberlich dokumentiert. Datenhändler betonen in solchen Fällen gerne, dass die von ihnen gesammelten Informationen anonymisiert sind. Dass solche Versprechen im Zusammenhang mit Standortdaten schlicht Unsinn sind, haben aber schon frühere Recherchen eindeutig belegt. So hatte die New York Times bereits Ende 2019 einen größeren Datensatz mit Standortdaten von 12 Millionen Geräten zugespielt bekommen. Mit dessen Hilfe konnte man zahlreiche Personen eindeutig identifizieren, tauchen doch Wohn- und Arbeitsort naturgemäß besonders oft in der Sammlung auf. So konnte etwa auch ein Mitarbeiter des Secret Service ausgemacht werden, bei anderen wurden sensible Informationen wie Arztbesuche offenbar.
via standard: Smartphone-Daten verraten Kapitol-Angreifer– und wie schlimm die Standortspionage durch Werbung ist
siehe auch: They Stormed the Capitol. Their Apps Tracked Them. Times Opinion was able to identify individuals from a trove of leaked smartphone location data. Mr. Warzel and Mr. Thompson are writers in Opinion. They previously reported on smartphone tracking for the series “One Nation, Tracked.” In 2019, a source came to us with a digital file containing the precise locations of more than 12 million individual smartphones for several months in 2016 and 2017. The data is supposed to be anonymous, but it isn’t. We found celebrities, Pentagon officials and average Americans. It became clear that this data — collected by smartphone apps and then fed into a dizzyingly complex digital advertising ecosystem — was a liability to national security, to free assembly and to citizens living mundane lives. It provided an intimate record of people whether they were visiting drug treatment centers, strip clubs, casinos, abortion clinics or places of worship. (…) A source has provided another data set, this time following the smartphones of thousands of Trump supporters, rioters and passers-by in Washington, D.C., on January 6, as Donald Trump’s political rally turned into a violent insurrection. At least five people died because of the riot at the Capitol. Key to bringing the mob to justice has been the event’s digital detritus: location data, geotagged photos, facial recognition, surveillance cameras and crowdsourcing. (…) The data we were given showed what some in the tech industry might call a God-view vantage of that dark day. It included about 100,000 location pings for thousands of smartphones, revealing around 130 devices inside the Capitol exactly when Trump supporters were storming the building.