Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines Angriffs auf ein Marburger Verbindungshaus. Hinter dem Überfall könnte die rechte Burschenschaft „Germania“ stecken. Zerschlagene Scheiben, verwüstete Räume und eine eingerammte Holztür: Der Schaden am Haus der Studentenverbindung Frankonia Marburg war beträchtlich. In der Nacht auf den 14. Juni dieses Jahres stürmte eine Gruppe von Männern in die Villa in der Marburger Lutherstraße und schlug nach Angaben der Frankonia alles kurz und klein: Möbel seien umgetreten, Fenster und ein Fernseher zerbrochen und eine Ahnengalerie zerstört worden. Dieser „blinde Vandalismus“ habe nichts mehr mit normalen Rivalitäten unter Verbindungsstudenten zu tun, schrieb die Frankonia wenig später auf Facebook. Obwohl kein Mitglied verletzt worden sei, sei man „fassungslos“. Der Angriff, der in der ersten Pressemitteilung der Polizei als „Streitigkeit zwischen zwei Burschenschaften“ bezeichnet und in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde, beschäftigt derzeit die Marburger Staatsanwaltschaft. Man ermittele gegen sechs Personen, primär gehe es dabei um den Verdacht der Sachbeschädigung, sagte Behördensprecher Timo Ide der Frankfurter Rundschau. In dem Verfahren hat es nach Ides Angaben inzwischen drei Hausdurchsuchungen gegeben, eine bei einem Beschuldigten in Marburg und zwei am Erst- und Zweitwohnsitz eines weiteren mutmaßlich Beteiligten in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Ide bestätigte der FR auch, dass die Angreifer wohl aus dem Umfeld der Marburger Burschenschaft Germania gekommen seien: Nach derzeitigem Ermittlungsstand seien Männer beteiligt gewesen, die damals Mitglieder oder Gäste der Burschenschaft gewesen seien. Die Burschenschaft Germania macht seit Jahren mit rechtsextremen Umtrieben von sich reden. Die Verbindung, die im stramm rechten Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ organisiert ist, gilt als gut vernetzt in der sogenannten Neuen Rechten. Im Oktober vergangenen Jahres waren Redner aus dem Dunstkreis von AfD und NPD zu Gast im Haus der „Germanen“, das ebenfalls in der Lutherstraße liegt. 2018 protestierten Hunderte Menschen dort gegen einen Vortrag des neurechten Vordenkers Alain de Benoist. Und im Mai 2017 wurden Fotografen von vermummten Männern attackiert, die aus dem Haus der Burschenschaft gestürmt kamen. Damals fand dort ein Treffen der „Jungen Alternative“ statt, des radikalen Jugendverbands der hessischen AfD. Dass die „Germanen“ nicht gut auf die Frankonia zu sprechen sind, kommt daher nicht gerade überraschend. Die Frankonia gehört dem eher liberalen „Schwarzburgbund“ an, nimmt auch Männer mit Migrationsgeschichte auf und hat 1996 die „Marburger Erklärung“ unterzeichnet, die die Verantwortung von Studentenverbindungen beim Erstarken des Nationalsozialismus kritisiert und sich von nationalistischen Tendenzen distanziert. Laut Angaben der Frankonia soll es kurz vor dem Angriff auf das Haus schon eine handgreifliche Auseinandersetzung auf der Straße gegeben haben, bei der Mitglieder der Frankonia von Mitgliedern oder Sympathisanten der Germania unter anderem antisemitisch beleidigt worden seien.
via fr: Angriff auf Verbindungshaus in Marburg: Rechte Burschenschaft unter Verdacht