Die KZ-Gedenkstätte Dachau begrüßt das Urteil des Landgerichts München II am 27. November 2020 im Berufungsprozess gegen den rechtsextremen Videoblogger Nikolai Nerling. Die Kammer des Landgerichts verurteilte Nerling zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 40 Euro und bestätigte damit im Wesentlichen das Urteil des Amtsgerichts Dachau vom Dezember 2019. „Ich bin wirklich froh, dass auch das Landgericht München II die Verharmlosung bzw. Leugnung des Nationalsozialismus auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau als völlig inakzeptabel betrachtet. Den Referenten, Mitarbeitern und Schülern, die hier als Zeugen ausgesagt und zu einer Verurteilung beigetragen haben, danke ich sehr herzlich!“, kommentiert die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau Gabriele Hammermann die Entscheidung des Landgerichts. (…) Diesem Gerichtsverfahren vorausgegangen war ein Versuch Nerlings, im Februar 2019 in der KZ-Gedenkstätte Dachau ein Video gegen den von ihm so genannten „Schuldkult“ zu drehen. In diesem Zusammenhang hatte sich Nerling einer Schulklasse gegenüber verharmlosend und relativierend zu den im KZ Dachau begangenen Verbrechen geäußert. Eine Referentin erkannte den sich selbst als „Volkslehrer“ bezeichnenden rechtsextremen Videofilmer und informierte die Verwaltung der KZ-Gedenkstätte. Mitarbeiter der Gedenkstätte verwiesen Nerling und seinen Begleiter vom Gelände der Gedenkstätte, die KZ-Gedenkstätte erstattete Anzeige. Der Prozess vor dem Landgericht München II rollte das Verfahren in sämtlichen Punkten neu auf. An zwei Verhandlungstagen hörte das Gericht viele der Zeuginnen und Zeugen, die schon vergangenes Jahr vor dem Amtsgericht Dachau ausgesagt hatten. Der sehr akribischen und detailgenauen Beweisaufnahme ist es geschuldet, dass das Gericht an beiden Tagen bis in den Abend tagte. Die Staatsanwaltschaft forderte in ihrem Plädoyer am Freitagabend schließlich sechs Monate Haft ohne Bewährung für Nikolai Nerling und eine Geldstrafe für seinen Begleiter. Nerling, der sich im ersten Prozess in Dachau nicht zur Sache geäußert hatte, gab daraufhin eine 20minütige Stellungnahme ab, in der er sich zum Justizopfer stilisierte. Nach dieser Erklärung des Angeklagten zog sich das Gericht zu einer längeren Beratung zurück. In den späten Abendstunden wurde schließlich das Urteil verkündet: Nikolai Nerling muss wegen Volksverhetzung eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 40 Euro zahlen. Die Höhe der Geldstrafe liegt unter dem Betrag des Dachauer Urteils, dies ist aber ausschließlich auf die vom Gericht als verschlechtert angenommene Einkommenssituation des Angeklagten zurückzuführen. Seinen Begleiter verurteilte das Landgericht München II wegen Hausfriedensbruch zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen. Die Gedenkstätte bedauert außerordentlich, dass das das Gericht in seinem Urteil hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurückbleibt und prüft die eigenen rechtlichen Möglichkeiten. Rechtsmittel gegen dieses Urteil sind möglich.
via kz gedenkstätte dachau: Hohe Geldstrafe für rechtsextremen Videoblogger
siehe auch: Rechtsextremer “Volkslehrer” zu Geldstrafe verurteilt. Der Auftritt des rechtsextremen “Volkslehrers” Nikolai Nerling vor Schülern an der KZ-Gedenkstätte Dachau erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung. Dieses Urteil bestätigt das Landgericht im Berufungsverfahren. Nerling kündigt Revision an. Am Freitagvormittag schreitet eine 16-jährige Schülerin in den Saal B 275 des Landgerichtes München. Im Zeugenstand nimmt sie Platz und spricht aus, was in diesem außergewöhnlichen Prozess gesagt werden muss. Dass sie und andere Schulkameraden im Februar 2019 im Rahmen eines Seminars die KZ-Gedenkstätte Dachau besuchten, den Ort, an dem die Nazis mehr als 41 500 Menschen umbrachten. Dass die Angeklagten, Nikolai Nerling und dessen Kameramann, auf die Gruppe zukamen. Dass Nerling, der sich als der “Volkslehrer” in der rechtsradikalen Szene Deutschlands einen Namen gemacht hat, zu ihnen sagte: “Wir sollen nicht alles glauben, was uns hier erzählt wird.” Richter Johannes Feneberg fragt, wie sie diese Aussage damals interpretiert habe. Die Schülerin antwortet, Nerling habe auf die NS-Zeit angespielt. “Ich habe es als Verleumdung des Holocaust interpretiert, auch wenn das Wort Holocaust nie gefallen ist.” Es sind die Zeugenaussagen von 16- und 17-Jährigen, die diesen Prozess gegen einen der bekanntesten Rechtsextremisten Deutschlands viele Stunden später am Freitagabend entscheiden werden. Um 22.07 Uhr erheben sich die Anwesenden im Saal B 275, und Richter Johannes Feneberg verkündet das Urteil. Das Landgericht München verurteilt den rechtsextremen Videoblogger Nikolai Nerling wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro (150 Tagessätze). Richter Feneberg spricht Nerling schuldig, bei seinem Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau im Februar 2019 den Holocaust gegenüber der Schülergruppe geleugnet zu haben.