Großspurig hatten die OrganisatorInnen angekündigt, dass das extrem rechte Kampfsport-Event «Kampf der Nibelungen» (KdN) 2020 alle bisher ausgetragenen Fightnights der Reihe übertreffen werde. Schnell zeichnete sich jedoch ab, dass die Infektionsschutz-Bestimmungen, wie auch der staatliche Repressionsdruck die Durchführung einer solcher Veranstaltung unmöglich machen. Statt einer Fightnight, an der 2018 bis zu 800 Neonazis teilnahmen, konnte das Team um Alexander Deptolla lediglich einen Online-Stream bieten. Um die fünfzehn Kämpfe mit internationaler Beteiligung versprach man Interessierten, wobei am Ende nur eine handvoll dessen präsentiert werden konnte. Zusammengefasst in einem rund zweistündigen, dilettantisch zusammengeschnittenen Video, welches mit der Einsicht Deptollas endete, dass man vorerst keine weiteren Veranstaltungen plane. Eine Verbotsverfügung und die Folgen An die Aufmerksamkeit von 2018, wo das Hauptevent des KdN im Oktober im ostsächsischen Ostritz öffentlich ausgetragen wurde, wollte das Orga-Team im Folgejahr eigentlich anknüpfen. Eine Verbotsverfügung der Stadt Ostritz verhinderte dies jedoch. Der KdN blieb 2019 verboten, das Zelt dementsprechend leer Bis zum letzten Moment versicherte Alexander Deptolla und seine MitorganisatorInnen der Szene, dass man alle Wege gehen würde, um das Verbot zu kippen. Die Infrastruktur des KdN war schließlich schon Tage vor dem Event nach Ostritz gebracht worden und zahlreiche HelferInnen aus dem engen Umfeld des KdN – maßgeblich die NS-Straight Edge-Gruppierung «Wardon 21» – hatten am 12. Oktober 2019 Bänke, den Ring und Essensstände aufgebaut. Die Polizei unterband jedoch die Anreise der Kämpfenden, wie auch einzelner BesucherInnen. Zerknirscht meldete sich Deptolla am Abend in den sozialen Netzwerken zu Wort und verkündete, dass der KdN so nicht stattfinden werde. Ein Eilantrag des Veranstalters gegen das Verbot wurde mit der Begründung „das öffentliche Interesse an der Sicherung der freiheitlich demokratischen Grundordnung überwiege das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers“ zurückgewiesen. Geblieben waren dem KdN vor allem immense Geldeinbußen. Über 10 000 Euro hätte man in Vorleistung gehen müssen. Gelder die aus dem Ticketverkauf – 35 Euro für einen Stehplatz, 45 Euro für einen Sitzplatz – generiert wurden und an die KäuferInnen nicht zurück gezahlt werden könnten. Stattdessen appellierte Deptolla an die Solidarität und vertröstete die TicketbesitzerInnen auf ein Event in 2020. Die Eintrittskarten würden nicht an Gültigkeit verlieren und auf juristischem Weg wolle man mittels einer Fortsetzungsfeststellungsklage das Verbot kippen. Da es absehbar war, dass diese Klage nicht bis zum neu angesetzten Austragungstag, dem 10. Oktober 2020, verhandelt und die aktuelle Pandemie ein Fightevent in der Größe nicht hergeben würde, beschlossen die OrganisatorInnen, ihre Veranstaltung per Online-Stream durch zu führen. (...) Von rund 90 Neonazis, darunter die OrganisatorInnen, KämpferInnen und Teammitgliedern, hatte die Polizei auf dem Gelände des rechten Motorradclubs «Division 39» im Magdeburger Stadtteil Rothensee die Personalien aufgenommen. Eine Bestätigung, dass es sich dabei um den «Kampf der Nibelungen» handelte, gab u.a. Manuel Ganser. Der Kader der Neonazipartei «Der III. Weg» aus Zwickau postete schließlich auf Telegram ein Bild aus der Personenkontrolle und teilte mit, dass der KdN abermals verboten wäre (...) Vielmehr ist sich der Orga-Kreis bewusst, dass der «Kampf der Nibelungen» wesentliche Voraussetzungen bieten dürfte, um als Organisation verboten zu werden. Wie kaum eine andere Organisation bildet das Format nun mehr seit sieben Jahren ein Netzwerk, in dem sich Personen aus allen rechten Lebenswelten einfinden. Jüngst wurde bekannt, dass sogar Angehörige der Bundeswehr an Events des KdN teilnahmen. Nicht zuletzt ist der KdN Produkt einer toxischen Allianz eingespielter, langjährig aktiver Neonazis, bei deren Personalien alle Warnsignale auf Rot schalten. So ist Hauptprotagonist Malte Redeker nicht nur Europa-Chef der international vernetzten, gewalttätigen Bruderschaft «Hammerskin Nation», sondern auch Initiator und Aufbauhelfer zahlreicher Kameradschaften, Kampagnen und Projekte. Der Zweite im Bunde, Henrik Ostendorf, verfügt über einen Erfahrungsschatz, den er seit den 1980er Jahren kontinuierlich erweitern konnte – zwischen rechten Hooligan-Milieu, etlichen Neonazi-Parteien, RechtsRock-Events und rechter Publizistik. Alexander Deptolla wiederum, der als einziger der Drei öffentlich als Gesicht des KdN auftritt, verdeutlichte die Gefahr, die von seiner Person ausgeht, erst vor kurzem selbst. So hätten ihn die Behörden als „Gefährder“ gelistet, d.h. als eine „relevante Person“, bei der man davon ausgehe, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen könne, so die Definition.
via exif: Der «Kampf der Nibelungen» 2020: Online-Stream statt Großevent