Aktuell läuft vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main im Mordfall Lübcke der Strafprozess gegen die Neonazis Stephan Ernst und Markus Hartmann. Im Gegensatz zu Ernst suchte sich Hartmann Beistand im eigenen Lager: Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Björn Clemens gilt als einer der umtriebigsten rechten Anwälte in Deutschland und ist Multiaktivist der extrem rechten Szene. Für die Nebenklage sei der Prozessauftakt nur schwer erträglich gewesen, bewertete Holger Matt, Anwalt der Familie des in der Nacht auf den 2. Juni 2019 ermordeten Walter Lübcke, den ersten Vormittag im Gerichtsprozess. Die Verteidiger der beiden Angeklagten hatten am ersten Gerichtstag direkt nach Feststellung der Personaldaten begonnen, das Gericht mit Anträgen zu überziehen, wobei aber auch klar wurde, dass es keine gemeinsame Strategie gibt. Es ging um eine angebliche Befangenheit des Richters und die Aussetzung des Prozesses aufgrund der COVID-19-Pandemie und des großen Aktenumfangs. Außerdem hatten Ernsts Verteidiger gefordert, die beiden Anwälte von Hartmann, Nicole Schneiders und Björn Clemens vom Verfahren auszuschließen. Hartmann soll Ernst laut Anklage Beihilfe zum Mord an Walther Lübcke geleistet haben, der Hauptangeklagte Ernst ist zudem beschuldigt, im Januar 2016 in Lohfelden (Landkreis Kassel) den aus dem Irak stammenden Ahmed I. aus rassistischen Motiven mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt zu haben. Kurz nach Ernsts Festnahme hatte der hessische Neonazi-Anwalt Dirk Waldschmidt ihn in der Untersuchungshaft besucht und die Verteidigung übernommen. Ernst gestand kurz darauf den Mord an Lübcke, dabei gab er an, bei den Vorbereitungen und dem Mord allein gehandelt zu haben. Kurz darauf widerrief er sein erstes Geständnis, entließ Waldschmidt, heuerte seinen aktuellen Anwalt Frank Hannig an und belastete Hartmann stark. Waldschmidt habe ihm geraten, die Schuld auf sich zu nehmen. Da sich Waldschmidt bei der Befragung wegen einer möglichen Strafvereitelungsstraftat von seiner Kollegin Schneiders vertreten ließ, bestünde die Möglichkeit, so Ernsts Verteidiger, dass Schneiders Informationen über Ernst, die sie von Waldschmidt gehabt habe, an Hartmann und Clemens weitergegeben hätte. Deshalb sei sie ebenso wie Clemens aus dem Verfahren auszuschließen. Clemens forderte seinerseits, das Verfahren gegen Hartmann einzustellen und ihm eine Entschädigung zu zahlen, da er durch die Medienberichterstattung vorverurteilt worden sei. Es sei medial ein Bild gezeichnet worden, das Hartmann als „das Böse“ und Lübcke als gut dargestellt habe. Dadurch sei das Gericht derart stark beeinflusst, dass keine neutrale Bewertung mehr möglich sei. Letztendlich ließen die Anwälte der beiden Angeklagten keine Möglichkeit unversucht, das Verfahren zu verzögern oder auszusetzen. Die Anklage konnte darum erst am Nachmittag verlesen werden. Erwartungsgemäß wurden alle Anträge vom Richtersenat abgelehnt.
via lotta: „Im Dienste des nationalen Widerstands“ – Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Björn Clemens