Erneut finden sich private Daten in Drohmails mit dem Absender “NSU 2.0”. Wie kann das sein? Womöglich gab es in weiteren Bundesländern Abfragen über Polizeicomputer. Diskutiert wird aber auch über ein anderes Szenario. Im Fall der rechtsextremen Drohserie mit dem Absender “NSU 2.0” wächst die Sorge um die persönlichen Daten der betroffenen Frauen. Die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız ist eigens umgezogen, um sich und ihre Familie den Bedrohungen zu entziehen. In anonymen Faxen und Mails hatten der oder die Täter ihre Adresse und auch die Namen ihrer Tochter und Eltern erwähnt. In neuen Mails ist nun aber auch diese neue Anschrift aufgetaucht, wie am Donnerstag die taz enthüllt hat. So stellt sich die Frage, wie schon wieder eine private Information von Başay-Yıldız, die für die Öffentlichkeit gesperrt war, in die Hände der Rechtsextremen gelangt ist. Beim ersten Drohfax mit dem Absender “NSU 2.0”, das bereits im August 2018 bei der Anwältin einging, hatte die Spur zur Polizei selbst geführt. Es hatte sich herausgestellt, dass die geschützten Daten unmittelbar vor dem Absenden des Drohschreibens an einem Rechner der Polizei im Frankfurter Innenstadtrevier abgerufen worden waren.
Die neue Wohnanschrift von Seda Başay-Yıldız tauchte nun erstmals in einer Drohmail im Juni 2020 auf. Zumindest über hessische Polizeicomputer scheint diese neue Adresse aber nicht abgefragt worden zu sein, wie in Sicherheitskreisen zu hören ist. Die Sonderermittler, die sogenannte AG 21 im Wiesbadener Landeskriminalamt, wissen bislang von drei verdächtigen Abfragen nach Başay-Yıldız’ Daten an Polizeicomputern. Diese lägen allerdings schon länger zurück. Sprich: noch vor Başay-Yıldız’ Umzug. Das würde nahelegen, dass es womöglich in weiteren Bundesländern Abfragen über Polizeicomputer gegeben hat. Verdächtige Abfragen, die “NSU 2.0”-Opfer betreffen, hat es mindestens auch noch in Hamburg und Berlin in Polizeirevieren gegeben, wie die Süddeutsche Zeitung und der WDR in der vergangenen Wochen aufdeckten. Es waren allerdings nicht die Daten von Seda Başay-Yıldız, die dort abgefragt wurden, sondern von anderen Betroffenen. Außerdem bleibt möglich, dass der oder die Täter – was von Beginn auch eine Hypothese der Ermittler gewesen ist – auf ganz anderem Weg an die Adresse gekommen sein könnten.

via sz: Verdächtige Anrufe