In Nürnberg ist eine Frau verurteilt worden, weil sie das Werfen von Papierfliegern aufs Gelände einer Bundesbehörde nicht ordnungsgemäß unterbunden hat. Allerdings ergeht nur eine Verwarnung, keine Strafe. Eine Geldstrafe von 300 Euro müsste die 50-Jährige nur dann zahlen, wenn sie Auflagen nicht erfüllt. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Der Anwalt der Angeklagten hält es für “verfassungsmäßig falsch.” Prozesse über sogenannte Kleinkriminalität, Kaugummiklauen oder Ähnliches, finden üblicherweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Wer interessiert sich schon für juristischen Kleinkram? Am Freitag aber im Saal 126 des Nürnberger Justizpalastes ist das anders. Der Saal des Amtsgerichts ist bis auf den letzten Platz gefüllt und der Prozess beginnt – wohl weil sich das Prozedere am Eingang akribischer Körperkontrollen wegen hinzieht – mit einer guten Viertelstunde Verspätung. So ist das also, wenn sich eine Frau vor Gericht verantworten muss, weil sie das Werfen von Papierfliegern aufs Gelände einer Bundesbehörde nicht ordnungsgemäß unterbunden hat. Die Frau, um das vorwegzunehmen, wird am Ende tatsächlich wegen eines Verstoßes gegen das bayerische Versammlungsgesetz schuldig gesprochen. So also, wie das die Staatsanwaltschaft beantragt hatte.

via sz: Papierflieger-Prozess: Versammlungsleiterin verwarnt

siehe auch: Prozess in #Nürnberg: Per #Papierflieger in den #Gerichtssaal – #schauhin #schauprozess #staatsversagen. 2018 warfen Demonstranten mit Forderungen beschriebene Papierflieger auf das Gelände des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg. Da die Versammlungsleiterin der Demo das Werfen weder gestoppt noch auf die Vorschläge der Polizei reagiert habe, muss sie sich nun vor Gericht verantworten. Ein Vorgang, der angesichts der Überlastung vieler bayerischer Gerichte offenbar einer ausführlichen Erklärung bedarf. In Regensburg hat das Landgericht in der Causa Geiselhöring jüngst 14 Verhandlungstermine abgesetzt. Es geht da um eine mögliche Wahlmanipulation aus dem Jahr 2014, als Grund nennt das Gericht Personalmangel. Ähnlich argumentiert die Justiz in Hof, wenn man anfragt, warum das Landgericht 18 Monate nach Anklageerhebung in der Causa möglicher Sozialversicherungsbetrug bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel offenbar keinen Schritt vorankommt. Dass die Gerichte in Bayern unter Überlastung leiden, ist nicht mehr zu übersehen. Und da beginnt nun also am Freitag ein Prozess in Nürnberg, bei dem man angesichts dessen schon mal ins Stutzen kommen könnte. Vor Gericht muss sich eine Frau verantworten, der die Staatsanwaltschaft vorwirft, unerlaubtes Werfen von Papierfliegern über den Zaun einer Bundesbehörde nicht unterbunden zu haben. 50 Papierfliegern, um genau zu sein. E

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